Zwei Monate sind also doch schon vorbei (ich weiss, dass mir diese Aussage jemand übel nehmen wird!) und damit auch ’ne verdammt schöne Zeit für mich!
Fazit: Viele coole Leute kennengelernt, ’ne tolle Stadt erlebt und trotzdem das Gefühl, nur einen Bruchteil gesehen zu haben. Russisch verbessert und das uralte Klischee vom vodkatrinkenden Russen wiederlegt – der trinkt nämlich Bier (und das schon zum Fruehstueck) – ohne Scheiss!
Mit ein bisschen Wehmut hab ich Sonntag Nacht diese Stadt verlassen und mich auf den Weg nach Tallinn gemacht. Die Fahrt nach Tallin war dann erstmal nicht so der Knaller. Worin liegt eigentlich der Sinn, dass man auf der russischen Seite mit seinem gesamten Gepaeck aussteigen und zu Fuss durch die Grenze latschen muss. Alles was die dort machen ist eine Gesichtskontrolle, abgleich der Visumsnummer via Rechner – Stempel rein – fertig. Waehrend dessen faehrt der Bus leer durch die Grenze und 50m spaeter duerfen alle wieder einsteigen. Keine Gepaeckkontrolle – nichts… Nach dem obligatorischen Einkauf im Duty Free werden auf estnischer Seite lediglich die Paesse kontrolliert (im Bus eingesammelt und nach 20min wieder ausgeteilt) und das wars. Zeitaufwand der ganzen Aktion: 2 Stunden, bei einer Busfahrt von insgesamt 7 Stunden nicht unerheblich!
Aber einmal in Tallinn angekommen bereut man nichts von alledem.
Am Busbahnhof hab ich gleich Julia (Oesterreich) kennengelernt. Sie war die letzten beiden Wochen auch in Petersburg, da ein Freund von ihr dort geheiratet hat, und will jetzt noch drei Wochen durch das Baltikum reisen.
Frueh 6:00 Uhr war natuerlich noch nicht all zu viel los auf den Strassen und somit auch kaum jemand da, den man haette nach dem Weg zum Hostel fragen koennen. Nachdem uns der Busfahrer aber die grobe Richtung gewiesen hatte, sind uns fuenf Minuten spaeter drei aeltere Damen ueber den Weg gelaufen. Die wollten eigentlich zum Pilze sammeln in den Wald fahren, da ihr Bus aber schon ’ne viertel Stunde ueberfaellig war, haben sie kurzerhand entschlossen uns bis zum Hostel zu bringen. (was immerhin nochmal ein 20minuetiger Fussweg war) Die drei waren auch aeusserst gespraechig und haben uns jedes zweite Gebaeude in der Altstadt erklaert bzw. mit geschichtlichen Informationen ueber Tallinn versorgt. Bei so netten Leuten kann man doch nur gut gelaunt in den Tag starten!
Das Hostel ist sehr entspannt und sollte mal jemand nach Tallinn wollen kann man „Tallinn Backpackers“ (Lai 10) nur empfehlen. Besitzer ist Hugo, ein junger Niederlaender Ende 20, der dieses Haus direkt in der Altstadt (5 Minuten vom Marktplatz entfernt) gemietet hat. Man kann auch jederzeit bei ihm im Hostel arbeiten. Also wer im Herbst nichts zu tun hat…
Nach einem Kaffee hab ich mich dann direkt zum russischen Konsulat begeben, was gluecklicherweise auf der selben Strasse keine 50m entfernt ist. Und ueberraschender Weise koennen russische Konsulatsmitarbeiter auch sehr freundlich sein!!! Zwei Stunden spaeter war ich wieder draussen, kann am naechsten Montag mein Visum abholen und dann gehts zurueck nach Russland. Aber bis das soweit ist, werde ich mir hier noch eine schoene Woche machen.
Nach dem stickigen, lauten und ueberfuellten Petersburg, wo es selbst gefaehrlich ist bei gruen ueber die Strasse zu gehen erscheint mir das hier beinahe wie das Paradies der Ruhe. Auch wenn Tallinn von Touris geradezu ueberlaufen ist, geht alles bei weitem entspannter vonstatten. Der mittelalterliche Stadtkern hat ein tolles Flair, in Geschaeften und Kaffees wird man mit einem Laecheln statt mit Ignoranz empfangen (da koennen sich die Russen echt nochwas abschauen) und der Strand ist auch nur eine halbe Stunde entfernt.
Gehts mir gut oder gehts mir gut?! (Henner)
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