Eigentlich kann man es Google nicht vorwerfen, wenn Menschen zu dumm zum Suchen sind. Technik ist eben nie besser als ihre Benutzer.
Mein „Best Search Award“ geht deswegen ans BKA: Aufgrund der Suchbegriffe „Ungleichheit“, „Gentrification“ und „Prekarisierung“ stießen Beamte der Behörde per Google auf Dr. Andrej H. und Dr. Matthias B.: Stadtsoziologen. Sie forschen zu diesen Begriffen, die für die Auf- oder Abwertung von Stadtvierteln benutzt werden, und haben entsprechende akademische Veröffentlichungen im Netz. Bei einer Überwachungsmaßnahme wurden drei Personen verhaftet, bei dem angeblichen Versuch Bundeswehrfahrzeuge anzuzünden. Die einzige Verbindung zwischen den drei anderen und Dr. Andrej H. ist ein „konspiratives Treffen“ mit einem der drei. Diese Tatsache und der „Erfolg“ beim Googeln genügte den BKA-Beamten, um eine „militante Gruppe“ zu konstruieren. Dr. Andrej H. wurde mit einkassiert.
Neben Dr. Andrej H. werden Dr. Matthias B. und zwei weitere Akademiker (die nicht zu den Verhafteten gehören) wegen ihrer wissenschaftlichen Arbeiten der „intellektuellen Täterschaft“ bezichtigt. Eine fast einjährige Observation (Videoüberwachung der Hauseingänge und Lauschangriff) wurde so gerechtfertigt. Höhepunkt der Maßnahme ist nun die Untersuchungshaft, in der Dr. Andrej H. seit drei Wochen sitzt. Heute kam er frei – unter Auflagen.
Man wirft Dr. Andrej H. und den drei Akademikern vor in ihren akademischen Veröffentlichungen „Formulierungen und Schlüsselworte“ verwendet zu haben, die von einer militanten Gruppe benutzt würden. Außerdem besäßen sie als Mitarbeiter eines Forschungsinstituts Zugang zu Bibliotheken für Recherchen, die notwendig sind, um Texte für eine militante Gruppe zu verfassen (so die taz). Das konspirative Moment des Andrej H. vorgeworfenen Treffens ist übrigens sein daheim gelassenes Handy… Christina Clemm, Rechtsanwältin von Dr. Andrej H., veröffentlicht selbst in einem Blog, das die Vorgänge detailierter zeigt.
Was mich hier neben der Absurdität der Vorwürfe zusätzlich umtreibt ist folgendes: Wenn man sich seitens der Behörden hier schon beim Googeln so… „ungeschickt“ anstellt, was passiert dann wohl, wenn erst umfangreiche Datensammlungen entstehen, wie sie mit der Vorratsdatenspeicherung geplant sind? (Bitte mal alle oben rechts auf die Ecke klicken!) Werden wir dann mitverhaftet, weil wir uns in der gleichen Funkzelle befanden, wie ein von der Polizei als Terrorist Verdächtigter? Und selbst wer keine Verbindungsdaten erzeugt: zu einem Treffen zu gehen und sein Handy zu Hause zu lassen – so denkt die Polizei – ist konspiratives Verhalten. Na prost Mahlzeit.
Artikel bei der taz
Meldung bei heise
ein und ein zweiter Artikel bei Telepolis
da kommt sicher noch mehr (swg)
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