Beim bummeln durch die Innenstadt wird einem in Dresden nicht nur der letzte Scheiß verkauft, sondern auch der letzte Schiss gezeigt. Nach Dresdens Kloppstange, dem Schiefen Baustrahler und dem Blauen Klecks gibt es eine neue Attraktion: Ein Klo-Kino. Am Dr.-Külz-Ring flaniert man an einer Betoneinfassung im Boden vorbei. Geht die Treppe runter zur U-Bahn?Nein, unten steht man vor einer Scheibe und kann einen Blick auf die Kanalisation werfen, das wohl am wenigsten beachtete Bauwerk einer jeden Stadt. Richtig heißt die Installation von Franka Hörnschemeyer wohl „Trichter“.Da kann man seinen letzten Schiss bewundern. Oder den anderer Leute.
Ist Kunst. Warum es umstritten ist, ist ja noch nachzuvollziehen. Aber keinen Sinn drin zu sehen und es deswegen abzulehnen, ist widersinnig: Es ist Kunst! Beim Bilder malen hat auch keiner nach dem Sinn gefragt.
Wenigstens ein Schild hätte man aber dranhängen können, die meisten Touries laufen jedenfalls einfach vorbei. Der Blick von Außen auf die Diskussion um das Kunstwerk macht übrigens gruseln, denn leider muss ich Hubertus Butin zustimmen. Dresden ist halt ein Provinznest, besonders im Denken.
(Maria, swg)
Dem kann man eigentlich fast nichts hinzufügen, höchstens: Das hier ist keine Zeitung, sondern ein Blog privater Meinungsäußerung…
Der „Trichter“ in Dresden am Dr. Külz-Ring
Eine Überraschung mitten drin im quirlenden Leben der Großstadt, und unter uns und mit uns, nur wenige Meter tiefer als die Steh- und Gehfläche des Heute: Hier treffen sich Vergangenheit und Gegenwart, vermutlich noch eine weite Zukunft: Anschaulicher geht’s wirklich nicht! Dieser Treffpunkt birgt und zeigt eine – im allgemeinen schamvoll verschwiegene – Intimität, und zugleich zeugt dieser Treffpunkt, bedroht bisweilen von wilder Zerstörung, von einer seit Jahrhunderten bestehenden bürgerlichen Verantwortung: Denn die alten Abwasserleitungen sind – immer noch, und sie werden’s bleiben – aktive Zeugen für unser gestaltetes Zusammenleben: Insofern findet der etwas alberne Zeitungsartikel „Kacke kucken“ das Richtige: Schaut her! So hat man das früher und noch heute organisiert und konstruiert, damit unser je gegenwärtiges Zusammenleben sauber und gesund ist und bleibt! –
Der „Trichter“ selbst, der das Heute und das Gestern zusammenführt, er lädt mit seinen feinen, zarten hell-grauen Wänden, mit der Leichtigkeit der rotfarbenen Treppen und mit dem Schwung der Wände, die einer sich verjüngenden, also sich heimlich verändernden Form folgen: So lädt der Trichter den neugierig Fragenden – „Was soll denn das hier?“ – ein, näher hinzuschauen. – Und unten?
Unterirdische Gänge deuten sich an. Woher? Wohin? Früher einmal zu gutem Zweck gebaut. Und das funktioniert auch heute noch? Ja! –
Was kann der Kunst Besseres geschehen!