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So richtig ein Ziel haben wir gerade noch nicht. Weiter wollen wir aber schon, Ende der Woche müssen wir bei Sandra in der Nähe von Kassel sein. Eine kleine Denkpause legen wir kurzerhand in Braunlage ein – unsere Nachbarn fandens ‚echt schön da‘. Ist es auch tatsächlich – ein niedlicher kleiner Ort. Da Lebensmittel noch ergänzt werden müssen, besuchen wir den örtlichen Edeka und lassen den Duc da stehen. Ein Spaziergang – und das Internet – bringen bestimmt eine Idee. Ganz in Ruhe spazieren wir ‚Am Graben‘ entlangGuck mal, eine Ente.Die ist ein wenig irritiert und versucht sich immer davon zu machen. Wechselt sie die Richtung, tun die Kinder das auch…Tschüss Ente, wir haben einen Spielplatz gefunden. Während die Kinder klettern, können wir surfen.Ein paar Regentropfen rieseln auf uns nieder und lassen uns unters Klettergerüst flüchten. Ein Spaßbad würde mir bei dem unbeständigen Wetter gefallen. Aber Corona hält hier bei allen Bädern die Türen zu, außerdem wird umgebaut. Richtung Kassel liegt Bad Harzburg, die haben einen Baumwipfelpfad. Das klingt doch auch nach einem lohnenden Ziel! Was soll man da noch lange fackeln? Naja gut, ein Abstecher zum Bäcker noch, was süßes holen. Dann geht’s aber weiter.

(swg)

So zeitig, wie gern gewollt, sind wir nicht wanderbereit. Immerhin, stehen wir noch deutlich vor um zehn auf dem Parkplatz in Schierke. Am Parkautomaten wird ein 24 h-Ticket angeboten. Wir nehmen einfach mal an, dass wir dann auch über Nacht bleiben dürfen. In aller Ruhe sammeln wir unseren Kram für den Brockenaufstieg zusammen. Mit zu viel Ruhe: Schlag zehn ist es damit vorbei, der Parkplatz wird regelrecht geflutet. Die Meute wird sich schon verlaufen… hoffen wir.

hoch…

Über den Eckerlochstieg wollen wir zum Gipfel zu gelangen. Als „anspruchsvoll“ und „interessantester Weg“ wird er beschrieben, was ihn für unsere Kinder geradezu prädestiniert. Gekieste Rentnerpfade sind nämlich so sterbenslangweilig, dass man das Gejammer von „laaangweilig“ bis „ichkannichmehr“ quer durch den ganzen Harz vernehmen müsste. Vor dem Aufstieg steht die Ortsdurchquerung von Schierke als asphaltierte Kinderlangeweile bevor. Hierfür bekommen wir unverhofft Hilfe. Den Kutschen zum Gipfel sind – naturgemäß – Pferde vorgespannt. Und nichts zieht besser als Pferde, insbesondere bei meinen beiden Mädels. So straff hab ich sie selten auf einem glatten Weg laufen sehen, wie jetzt hier, während sie mit den Kutschen Schritt halten um die Pferde anzuhimmeln.Kutschen im Wettlauf mit meinen Mädels zum Brockengipfel

Endlich biegt die öffentliche Straße ab und wir sind auf der Forststraße. Das ist noch nicht der Weg, der die Kinder von alleine laufen lässt, prompt darf ich Janni nach dem Kutschenrennen auf die Schultern nehmen. Der Eckerlochstieg zweigt aber bald ab. Da geht’s eher unspektakulär los.Eckerlochstieg BrockenUnd dann kommen sie, eine Flutwelle nach der anderen.Eckerlochstieg BrockenHeute ist der letzte brauchbare Tag der Woche, um nicht vollkommen durchgeweicht auf dem Brockengipfel anzukommen. Wir sind nicht die Einzigen, die den Wetterbericht angeguckt haben.Menschenmassen überholen uns in einem fort. Es scheint, ganz Deutschland will heute auf den Brocken. Nun sind wir auch besonders langsam, eilig haben wir es nicht, der Berg läuft ja nicht weg. Und solange die Kinder immer wieder eine Beschäftigung finden – neben dem „Bergrauflaufen“ – bleiben sie auch motiviert. So ein Bach braucht nämlich eine Menge Brücken für armen, kleine Tiere und Insekten!Eckerlochstieg BrockenEckerlochstieg BrockenDer Borkenkäfer hat dem Wald unglaublich zugesetzt. Man sieht eigentlich keinen gesunden Baum mehr, nahezu alles Holz ist kahl und tot.der Borkenkäfer wirkt am Brockender Borkenkäfer wirkt am BrockenWo noch etwas stand, haben die Motorsägen zugeschlagen. Ein Schutzstreifen im Nationalpark soll die Wirtschaftswälder ringsum schützen. Immerhin ist das eine große Chance hier wieder einen natürlicheren Mischwald zu erhalten, als jene Monokultur aus Fichten, die bisher das Bild im Harz prägt. Von allein wird das aber nicht werden, Fichten wachsen zu schnell und verdrängen andere Arten. Ohne Eingriff des Menschen würde erneut eine Monokultur entstehen.

Weiter oben wird der Weg durch das großräumige Fällen noch etwas „spannender“. Es ist ausgesprochen schlammig und haufenweise umgestürzte und umgesägte Bäume liegen rum.Eckerlochstieg Brocken
Eckerlochstieg BrockenEckerlochstieg BrockenEckerlochstieg BrockenNach der Kraxelei stellen wir semi-entsetzt fest, dass ab hier der Eckerlochstieg gesperrt ist! Weiter geht’s nur über die Brockenstraße – und seht ihr das da hinten, links auf dem Bild?BrockenstraßeMenschenmassen.

Man kann wieder einen Einstieg in den Eckerlochstieg finden: Ein gutes Stück die Straße rauf zweigt der Bahnparallelweg ab und führt quasi fast zurück. Dann dürfen wir den Eckerlockstieg fortsetzen: 3 km Umweg um 900 m Eckerlochstieg herum :( Immerhin eine ist plötzlich wieder ganz motiviert am Laufen: Alina. Eine Kutsche hat uns eingeholt.Kutsche auf der BrokenstrasseSie legt ein unglaubliches Tempo vor, mit nie gekannter Ausdauer! Da hält Jannika einfach nicht mit, Beine sind halt kürzer.BrockenstraßeZwischendurch verlieren wir Alina aus den Augen und Maria muss hinterher wetzen. Die Sorge, sie könnte der Kutsche bis zum Gipfel nachlaufen, war aber unbegründet. Am Abzweig des Wanderwegs „Bahnparallelweg“ zurück zum Eckerlochstieg wartet sie.

Es geht sehr zäh weiter. Wir sind jetzt auf genau dem von uns so gefürchteten kiesbelegten, topfebenen Renterpfad.Bahnparallelweg BrockenWir werden weiterhin überholt – jetzt aber nicht mehr geschuldet dem Spielen der Kinder, sondern dem vielzählig ausgestoßenen „ichkannichmehr“. Die zwei Vorbeifahrten der Brockenbahn helfen nur bedingt.Brockenbahn am Bahnparallelweg BrockenBrockenbahn am Bahnparallelweg BrockenKurz bevor wir wieder den Eckerlochstieg erreichen, erhaschen wir einen besonders schönen Blick auf die Brockenbahn.Brockenbahn quert Eckerlochstieg am BrockenUnd ab hier ist jede Jammerei vergessen, der Weg besteht nur noch aus groben Felsen, die es zu erhopsen und zu erklettern gilt. Alina sprintet mit mir geradezu den Weg hinauf, immer von einem zum nächsten Felsen springend. Zeit, die Kamera zu zücken habe ich jetzt nicht mehr.

Teils sind nun aber auch so viele Menschen unterwegs, dass wir warten müssen – insbesondere, wenn die aufstrebenden mit den abwärts walzenden Massen an Engstellen kollidieren. Maria braucht mit Jannika etwas länger, kürzere Beine und so – sie ist trotzdem nicht weniger motiviert, als Alina.Oberes Ende Eckerlochstieg, BrockenOberes Ende Eckerlochstieg, BrockenAm oberen Ende des Eckerlochstiegs verdichtet es sich endgültig zu einem Samstag auf der innerstädtischen Einkaufsmeile.Oberes Ende Eckerlochstieg, BrockenWenn die alle mit der Bahn wieder runter fahren wollen, sehe ich uns schon runter laufen…

der Gipfel

Oben auf dem Brocken hat der Wind aufgefrischt. Oder es ist der typische Wind? Keine Ahnung, schön ist jedenfalls anders, und es wird gerade auch mehr. Wir panzeln kurz über den Gipfel, zuerst vorbei an der schon bedenklich langen Schlange am Bahnschalter. Mein Ansinnen, einen Imbiss auf dem Gipfel einzunehmen, begrabe ich direkt, als ich der Schlange dort ansichtig werde. Also gibt’s ein GipfelfotoAuf dem Brockenund noch eins.auf dem Brocken

Und noch einen schönen Blick in die Ferne. Etwas diesig ist es, das tut dem Gefühl, auf dem Dach des Harzes zu stehen, aber keinen Abbruch.Blick in die diesige Weite vom BrockengipfelIch würde gerne weiter über den Gipfel stromern, nur der Wind macht es jetzt einfach derbe ungemütlich. Er zerrt wild an Klamotten und Haaren, pfeift unbarmherzig durch jede noch so kleine Jackenbelüftung. Bevor mir die Kinder erfrieren, wegfliegen oder kein Zug mehr für uns fährt, will ich lieber wieder runter. Dreiviertel drei – spät genug ist es.

…und runter

So wenden wir uns dem Abstieg zu – der ja eine Fahrt sein soll. Der Zug, der noch im Bahnhof steht, wäre eigentlich schon weg, lungert aber wegen eines „technischen Defekts“ hier rum. Die Security vorm Kartenschalter ruft über die Wartenden, es gäbe noch ein paar Plätze, wer will gleich … „Hier hier ich ich!“. So kommen wir für 80,-€ (sic!) zurück nach Schierke, ohne 1½ Stunden auf dem zugigen Gipfel totschlagen zu müssen. Der Preis bleibt übrigens der selbe, egal wieviele Stationen man mit der Brockenbahn fährt.in der Brockenbahn
Brockenhaus und SendemastDie letzten Meter vom Bahnhof zum Parkplatz sind kaum der Rede wert. Ein bisschen stehe ich immer noch unter dem Schock, welche unfassbaren Menschenmassen sich heute bei doch eher mäßigem Wanderwetter auf und über diesen Berg gewälzt haben. Die so reisefreudigen Deutschen scheinen Corona-gezwungen ihr eigenes Land zu erkunden. Da wird’s offenbar schnell eng an touristischen Hotspots…

Das Wetter wird nicht mehr besser heute, es ist um vier, vor haben wir auch nichts mehr. Also bleiben wir einfach auf dem Parkplatz in Schierke stehen, nur die Lücke wechseln wir schnell. An unserer steht „nur von 8-20“ für Wohnmobile, an den drei Randplätzen aber nicht. Während wir uns die Zeit mit einigen Runden Drecksau vertreiben, kommen immer wieder Womos gucken, hier ist’s aber voll – wie wahrscheinlich überall diesen Corona-Herbst. Regen setzt ein. Zum gemütlichen Prasseln auf dem Dach, lasse ich die Pfanne zischen: Eierpfannkuchen gibt’s zum Abendbrot.

(swg)

Es ist schon nach fünf, ehe wir von der Barbarossahöhle abfahren. Das verspätete Mittagessen zog sich und die Kinder haben – teils erfolgreich – versucht, in den nahen Bach zu fallen. Nasse Ärmel sind nun aber wahrlich kein Beinbruch (sic!). Unser nächstes Ziel soll der Brocken sein, übernachten wollen wir heute in Schierke. Der Campingplatz dort liegt ideal für einen frühen Start auf den Berg.

Der Wegweiser am Straßenrand zum Kyffhäuser ist dann aber doch zu verlockend. Wir biegen ab, denn wenn wir schon mal hier sind… Und mehr als uns am Brocken uns aufs Ohr zu legen, haben wir ja heute nicht mehr vor.

Ein nicht so langer Weg vom Parkplatz hinauf zum Monument, kurz vor knapp noch durch die Kasse (halb sechs ist letzter Einlass) und schon können wir ihn sitzen sehen, den ollen Rotbart.Barbarossa, Kyffhäuser-DenkmalKyffhäuser, Barbarossa am Kaiser-Wilhelm-DenkmalWarum er sich so autoerotisch den Bart krault, will mir nicht recht einleuchten (er erwacht wohl gerade). Beeindruckend monumental ist das hier schon. Wilhelm den I. über Barbarossa zu stellen, zeugt allerdings – schaut man auf die Barbarossa-Sage – von einer recht großzügigen Überschätzung. Er ist wohl kaum die Reinkarnation, die man hier gern hineindichten möchte.Kyffhäuser, Kaiser Wilhelm zu PferdeNun, Monument ist Monument und was viel wichtiger ist: Wir sind rechtzeitig da, das Kaiser-Wilhelm-Denkmal noch zu besteigen. Eine viertel Stunde wird uns beschieden – und die nutzen wir natürlich. Man hat einen herrlich weiten Blick ins Land.Kyffhäuser, Blick ins Land vom Kaiser-Wilhlem-DenkmalAus der anderen Richtung – vom Barbarossa-Turm aus – ist’s auch nicht schlecht.Kyffhäuser, Kaiser-Wilhelm-Denkmal vom Barbarossa-Turm ausAllzulange halten wir uns nicht mehr auf, nur auf dem Spielplatz können sich die Kinder noch austoben. Während sich die Nacht über den Kyffhäuser senkt, laufen wir zurück zum Womo. Einsteigen und Abfahrt, denn morgen wollen wir mit die Ersten sein, die zum Brocken aufbrechen.

Eine Hürde haben wir dann doch noch. Unser anvisierter Campingplatz in Schierke ist voll, nicht mal auf den Stellplätzen davor ist noch was frei. Sonntag würde wieder Platz -.- Jetzt stehen wir schön blöd da. Rumgoogeln ergibt, dass die Waldschenke Stellplätze zur Verfügung stellt. Zweimal falsch abgebogen, dann stehen wir endlich da – die Ersten sind wir nicht, aber Platz ist noch genug. Anmelden schlägt fehl, denn da wo Licht brennt, ist der Schützenverein. In der Waldschenke ist’s zappenduster: Montag ist Ruhetag. Egal. Jetzt ist Schlafenszeit.

(swg)

Der Weg ist das Ziel, heißt es. Ohne einen schönen Halt ist das aber schlicht Quatsch. Unser erster Aufenthalt führt uns ins Innere der Erde, hinein in die Barbarossahöhle. Wir gurken über Berg und Tal, sodass ich am Ende jeden Sinn für die Richtung verliere und schwören könnte, im Kreis gefahren zu sein. Sind wir nicht. Am Ende stehen wir auf dem Parkplatz und kurz darauf vorm Höhleneingang.Eingang der BarbarossahöhleDie glücklose Suche der Bergleute nach Kupferschiefer brachte eine ganz andere, märchenhafte Überraschung zu Tage. Eine riesiges, ca. 13.000 m² großes Cavernen-Netz, ausgespült im Laufe von Jahrtausenden. Heute – bei wesentlich mehr Licht, als es den Bergleuten damals zur Verfügung stand – kann es vom gemeinen Massentouristen bestaunt werden. Erstmal geht es den langen, düsteren Stollen der Bergleute ca. 160 m in leichtem Gefälle gerade in den Berg hinein.Langer Zugangsstollen zur BarbarossahöhleAm Ende steht man in der ersten großen Caverne – und das Auge ist überfordert, die wahren Dimensionen zu fassen.Erste Caverne der BarbarossahöhleErste Caverne der BarbarossahöhleWas so in Lappen von der Decke hängt, ist Gips.Gipslappen an der Decke der BarbarossahöhleDer Anhydrit quillt an der Höhlendecke in der hohen Luftfeuchte zu Gips auf und bildet diese Lappen. Knapp 1 cm wachsen sie pro Jahr, aber so papierleicht sie auch aussehen mögen: man möchte sie nicht auf den Schädel bekommen. Zur Zeit der Entdeckung der Höhle sollen sie bis zu vier Meter lang gewesen sein. Souvenierjäger taten ihr Werk…Gipslappen an der Decke der BarbarossahöhleFaszinierend sind auch die Wasserspiegelungen. Der große Anteil an gelöstem Kalk sorgt für eine besonders starke Brechung und damit auch Spiegelung.Wasserspiegelung in der BarbarossahöhleNebenbei sind die Seen dadurch deutlich tiefer, als sie wirken.

Noch ein letzter Blick zurück, ehe wir wieder ans Tageslicht treten.Letzte Caverne der BarbarossahöhleEine gute dreiviertel Stunde hat die Führung gedauert – gelohnt hat sie sich allemal. Die Kinder schieben nach dieser Konzentrationsübung auf den Spielplatz ab.Spielplatz vor der BarbarossahöhleIch verfüge mich in meine mobile Küche: Mittagessen zaubern. Besser spät als nie.

(swg)

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