So gut, wie das Wandern gestern geklappt hat, können wir das doch gleich nochmal probieren, oder? Alina ist jedenfalls leicht zu begeistern: Wir wollen ja mit der Seilbahn hoch fahren und nur oben „ein bisschen“ wandern. Und außerdem kann man von dort den Paraglidern beim Starten zugucken! Ausgesucht haben wir uns den Kanin – winters ein kleines Skigebiet, sommers Touristenziel für Gipfelfotos.
Ehe wir aber gemütlich raufgondeln können, müssen wir erstmal nach Bovec rein – und das ist vom Camp „Toni“ ein ordentlicher Fußmarsch von knapp 4 km. So zeitig dran wie gestern sind wir auch nicht, die Seilbahn fährt glücklicher Weise durchgängig von 8:00 bis 16:00 Uhr. Es bleibt irgendwie schwierig, den Kindern zu erklären, dass der Tag irgendwann rum ist und man dann nichts mehr unternehmen kann. Nach dem Frühstück geht’s endlich los … halb elf.
In der sengenden Hitze zieht sich der Weg ordentlich hin. Die Dorfstraßen hier haben oft keinen Gehweg, man tut gut daran, möglichst über Nebenstraßen zu laufen. Halb zwölf sind wir an der Seilbahn. Hier geht aber alles recht flott: Tickets kaufen, rein in die Station – keine Schlange vor den Gondeln – rauf auf den Berg. Ein Impfzertifikat oder einen negativen Covid-Test will hier übrigens niemand sehen. Das macht alles recht unkompliziert, aber die Sorglosigkeit beruhigt einen auch nicht gerade. Immerhin tragen in öffentlichen Gebäuden alle ausnahms- und diskussionslos eine Maske.
Eine halbe Stunde braucht die Seilbahn bis zu Bergstation, der Blick zum Berg ist jetzt schon großartig.Zurück ist er nicht weniger spektakulär.Woah guck! Ein Paraglider!Die beiden Zwischenstationen der Seilbahn haben wir ausgesessen und sind direkt zur Bergstation auf 2201 m durchgefahren – da sieht man sie schon.So hoch oben ist es schon ordentlich frisch, Jackenwetter. Vereinzelt findet man hier oben noch Schneeflecken, die Kinder stapfen begeistert drauf rum.Der ganze Skipistenbereich ist eine riesige Schutt- und Geröllhalde, darauf zu gehen ist etwas mühselig.Aber wir erklimmen den Sattel zwischen Prestreljenik und Grdi vršič und gucken nach Italien runter.Etwas besseres Wetter haben sie da drüben, nicht ganz so diesig.
Die Flora lässt sich hier oben auch bestaunen – karg fällt sie natürlich aus. Erstaunlich trotzdem, wie wenig es braucht, damit was grünes wächst.So richtig reicht mir das für unseren Wanderausflug aber nicht – bis jetzt ist’s eher ein Alte-Leute-Spaziergang. Wenigstens einen 2000er-Gipfel möchte ich mit den Kindern erklettern. Ich reiße die Initiative an mich und los geht es zum Prestreljenik: 2498 m über dem Meeresspiegel. Und wir könnten mal Wolken atmen: Da ist nämlich gerade wieder eine gegen den Gipfel gerammelt und der Wolkenabschlepper lässt auf sich warten. Also los.„Ich hab‘ hunger!“ hat das kleine Kind gekräht. Es ist nicht der schlechteste Platz, der Ausblick stimmt und es ist ja auch schon deutlich nach Mittag. Was soll’s.Ab hier sind die Pfade so schmal und die Abgründe so nah und tief, dass ich die Kamera lieber stecken lasse und aufpasse, dass Jannika auf dem Weg bleibt, das kleine Stolper-Liesel. Ok, ein Panorama muss noch sein, hier ist es nicht ganz so gefährlich.Was man nicht sieht: das Grün endet unter uns recht abrupt in senkrechtem Nichts. Besonders kribbelig ist die Stelle, an der man den Felsen hochklettert und dann einen freundlichen Blick direkt über den Grat in den Abgrund werfen darf. Der Gipfel ist immerhin zum greifen nah – an den Abstieg denken wir einfach später.
Nur noch ein paar Meter – geschafft! Also wenn es sich für den Rundblick nicht gelohnt hat – wofür dann?Na gut, von slowenischer Seite kuschelt die Wolke mit dem Berg, aber Italien ist doch auch ganz schön, nicht? Die Grenze zwischen Italien und Slowenien läuft genau über den Grat da drüben.Slowenien versteckt sich weiter hinter einer Wolke, vertilgen wir halt erstmal den restlichen Proviantund machen Touri-Gipfel-Fotos.Da! Da! Da! Eine Maus!!Was es nicht alles gibt. Ich war übrigens auch da.Langsam müssen wir an den Abstieg denken, in zwei Stunden fährt die letze Gondel talwärts. Wahrscheinlich brauchen wir längst nicht so lange, aber ich hab lieber ein großzügiges Zeitpolster übrig, als 1800 Höhenmeter zu Fuß mit zwei Kindern vor mir.Der Blick ist einfach nur atemberaubend schön, ich könnte die Kamera noch sehr viel öfter in die Gegend halten – guckt sich ja dann aber auch keiner mehr an.Knapp eine Stunde brauchen wir zurück zur Bergstation – deutlich weniger, als befürchtet. Genug Zeit, sich noch ein schönes Eis zu gönnen.Dann heißt es ‚Tschüß Kanin‘.
(swg)