Gemeinsame Zeit gab es diesmal zum Geburtstag geschenkt – nicht für mich, sondern für meinen Vater, es ist sein 70 ster. Mein Bruder hatte die geniale Idee, zusammen wandern zu gehen. So ist unser gemeinsames Geschenk der Höhenwanderweg im Fichtelgebirge. Ein verlängertes Wochenende nehmen wir uns für die eigentlich vier Etappen des Höhenwanderwegs im Fichtelgebirge. Wir verkürzen die Empfehlung allerdings auf drei Etappen, indem wir die beiden ersten 10 km-Etappen zu einer zusammenfassen.

Am Donnerstag Nachmittag starten nach Wunsiedel, damit wir Freitag früh direkt unsere Wanderung starten können.Unter kommen wir im Molo Rouge, einer kleinen Pension mit Café. Leider ist das schick eingerichtete Café schon zu, die Zimmer sind aber auch nett eingerichtet.Vom Zimmer aus kommt man sogar auf die Gemeinschaftsterrasse.Abendessen müssen wir uns in Wunsiedel selbst besorgen. Ein paar Tipps gibt es von unserer Wirtin und mit denen machen wir uns auf die Suche.

Aufbruch

Der nächste Morgen beginnt für uns mit Frühstück um acht. Fast kommt uns das ein wenig zu spät vor, immerhin wollen wir heute 20 km laufen. Wir bekommen unser Frühstück in der alten Backstube dieser ehemaligen Bäckerei serviert – und es kann sich sehen lassen.Das Auto lassen wir auf einem öffentlichen Parkplatz nahebei und machen uns auf den Weg. Entlang der Röslau laufen wir Richtung Luisenburger Felsenlabyrinth. Der Höhenweg ist ausgeschildert bzw. mit dem weißen H auf rotem Grund gekennzeichnet.Das Wetter zeigt sich nicht von seiner besten Seite, die Prognose verspricht aber Besserung im Lauf des Tages. So ist der Blick eher getrübt, was einem Höhenwanderweg etwas den Charm nimmt.Obwohl es verlockend ist, lassen wir das Felsenlabyrinth aus. Allzu üppig haben wir Zeit nicht übrig, ein andermal vielleicht. Wir schlagen uns weiter in den Herbstwald und begnügen uns mit dem Feuerwerk der Farben.Richtig Sonne will sich nicht zeigen, aber im Wald herrscht eine eigenartige Nebelstille. Kein Wind bewegt die Blätter und es sind kaum Vögel zu hören.

Haberstein

Der erste Gipfel auf dem Höhenwanderweg des Fichtelgebirges ist der Haberstein. Keine dreiviertel Stunde liegt er vom Felsenlabyrinth entfernt.Die Gesteinsformationen sehen wirklich kurios aus; „Wollsackverwitterung“ nennt man das wohl, was der Zahn der Zeit hier mit dem Granit angestellt hat; Mir fallen eher „Bauklötze“ oder „Plattenbau“ ein.Auf den Haberstein kommt man über Stiegen. Hat man die erklommen bietet sich ein weiter Ausblick.Also sonst. Heute nicht. Es hängen die Wolken tief über dem Fichtelgebirge und man starrt in trübe Suppe. So richtig zum nieseln kann es sich nicht entschließen, aber die Wolken schlagen sich trotzdem auf der Kameralinse nieder.

Wenn es in der Ferne schon nichts zu sehen gibt, werfen wir einen Blick in uns’re Rucksäcke und snacken was.Äpfel, Müsliriegel – alles auch nicht so beeindruckend. Mal sehen was der nächste Gipfel – die „Matze“ – zu bieten hat. Es geht ein Stück den Weg zurück. Vom Haberstein herunter ist der der Wald wieder ein bisschen verzaubert. Mal verstecken sich Pilze in Höhlen oder es stehen Miniaturwäldchen auf Granitbrocken.Ich bin furchtbar gerne im Wald, am liebsten sowieso, wenn sonst niemand unterwegs ist. In der Beziehung spielt uns das Wetter eindeutig in die Hände. Und wenn man es durch die Linse betrachtet ist genau jetzt das beste Licht zum fotografieren.Die Kamera übertreibt hier nicht, der Herbst ist überbunt. Mich beeindruckt das doppelt, weil letztes Jahr das Herbstfeuerwerk nach dem langen, dürren Sommer sehr gefehlt hat; Von graugrün ist das Laub direkt ins graubraune gekippt und runtergefallen. Es war ein einziges Trauerspiel.

Kösseinehaus

Kurzer Check, dass wir uns noch auf dem richtigen Pfad befinden.Jo, passt. Da geht es rauf zum Kösseinehaus. Noch einmal den Wirtschaftsweg überqueren und weiter die Treppe rauf.Oben gibt es das bekannte Bild: Nebel, Wolken und keine Hoffnung auf eine Änderung des Wetters.Das Dach auf dem Aussichtspunkt ist heute gar nicht so verkehrt, man wird immerhin von oben nicht nass.Zwar ist es halb zwölf noch etwas früh, aber das Kösseinehaus bietet uns Wanderern Mittagessen. Außerdem ist es da drin mit Sicherheit gerade gemütlicher als hier draußen.Vom kulinarischen Gipfel geht es wieder runter, dann wenden wir uns dem nächsten zu: der Hohen Matze.Eine Sache, die ich lange nicht mehr gemacht habe: Geocachen. Ich hab‘ Marias altes Tablet wiederbelebt und benutze ihren Account. Nur die leichten Dosen am Wegesrand nehme ich mit, großes herumgesuche unterlasse ich, schon um uns nicht allzu dolle aufzuhalten. Mein Auge für Cache-Verstecke ist gar nicht so sehr eingerostet; Ist vermutlich wie Fahrradfahren. Kurz geloggt, dann geht’s schon weiter. Ist der Wald nicht eine Wucht?

Hohe Matze

Ein bisschen müssen wir Straßenwandern, durch Hohenbrand, um die Staatsstraße 2665 am Wurmlohpass zu überqueren.Der Weg bleibt sehr eben und führt geradewegs auf die Hohe Matze hinauf.Neben buntem Laub bietet dieser Herbst eine unglaubliche Menge an Pilzen. Man braucht den Weg nicht mal verlassen. Bücken und einsammeln reicht.Wir lassen sie stehen, weil wir weder passende Gefäße noch eine Möglichkeit zur Zubereitung haben. Wirklich schade.

Ein Stück unter dem Gipfel biegt der Wanderpfad vom Forstweg ab, weit ist es nicht mehr.Auf dem Steinhaufen das Kreuz ist der höchste Punkt auf der Hohen Matze. Wenn ich schon hier bin, muss ich die Felsen auch beklettern, egal wie glitschig. Der Granit ist allerdings recht trittsicher.Selbst wenn die hohen Bäume den Blick vom Gipfel irgendwo freigeben: man sieht nix, das Wetter hat etwas dagegen.Naja. Bank, Tisch: das ist wohl ein Rastplatz. Da sich das Wetter auch hier schon breit gemacht, also nass niedergeschlagen hat, bleibt es bei Keks und Apfel im stehen.Oh, und ein einfacher Geocache lässt sich noch nebenbei finden.

Frappierender Weise herrscht auch hier wieder nahezu Stille, kein Blatt regt sich und es sind kaum Vögel zu hören – nur vereinzelt piepst es mal. Faszinierend; Nur wir machen hier Geräusche, raschelnde Blätter, knirschende Steine, rumpelnde Rucksäcke. Es ist längst nicht das erste Mal, dass ich so etwas erlebe – ich hab direkt einen Schweden-Flashback. Stiller Wald ist Frieden pur.

Ringberg & Prinzenfelsen

Über die beiden Ringberg-Gipfel geht es immer weiter über schmale Wanderwege durch den Herbstwald.Am Wegesrand findet sich die Girgelhöhle, benannt nach dem „Schmiedmatzengirgl“, der sich hier versteckt hielt, nachdem er aus Eifersucht einen Grenzwächter erschlagen hatte. Den Kopf hat es ihn am Ende doch gekostet. Einige Granitbrocken bilden die Höhle, der obere Eingang der Höhle ist eng, aber unsere Rucksäcke kriegen wir trotzdem mit hinein buchsiert.Auf der anderen Seite kommt man bequem heraus.Ja, hübsch eigentlich. Wenn man die Kinder dabei hätte, könnte man hier die Wanderung beenden – es ist ein einziger Spielplatz. Aber die Kinder – und die Frauen – wurden ja mit Absicht daheim gelassen. Wir pirschen uns alleine weiter durch den Wald, der Prinzenfelsen soll am Wegesrand noch zu erspähen sein.Fast wären wir vorbei gelaufen, aber da ist noch ein hinweisender Pfeil an den Baum genagelt.Über steile Treppen geht es auf die Wollsäcke; Damit man runter gucken kann.Was soll man dazu sagen? Vielleicht ‚Oh schön, die Wolken hängen nicht mehr ganz so tief!‘? Viel mehr sehen kann man trotzdem nicht, aber immerhin stellt sich ein bisschen der Eindruck ein, auf einem Berg zu stehen. Es ist wirklich schade, nicht einmal Fernsicht zu haben, der Name „Höhenwanderweg“ ist ja nicht umsonst gegeben. Gehen wir wieder.Wir durchstreifen einfach weiter die herbstliche Schönheit des Fichtelgebirges. Auf dem Weg zum Silberhaus kann ich noch einen weiteren Cache bergen – und wir beschließen, dass es jetzt Zeit für einen Kaffee ist.Übermäßig hübsch ist das Silberhaus jetzt nicht, innen herrsch ein sehr spröder Charm. Ganz offenbar stammt das Silberhaus aus einer Zeit, als der motorisierte Verkehr es über die B303 schwieriger und Pausen nötiger hatte. Vielleicht ist es auch der Herbst, der so gar keinen Ausflügler und Wanderer hierher treibt.

Platte

Auf der anderen Seite der B303 setzt sich unser Weg fort, bis zum Seehaus ist es noch ein gutes Stück.Geocaches liegen immer noch genügend am Wegesrand, und es ist auch mal eine größere Dose dabei.Zwischendrin liegt noch ein Gipfel, die „Platte“. Die hat jemand wohl fallen lassen, wobei sie völlig zerbrochen ist – kein Wunder bei dem nasskalten Wetter hier: Ein granitenes Geröllfeld ergießt sich den Osthang hinunter.Hebt man den Blick, wird es wieder nur trübe. Wir sollten auch wirklich weiter, damit wir nicht in totaler Finsternis beim Seehaus eintrudeln; Und es ist schon viertel sechs.

Seehaus

Jetzt haben wir festgestellt, dass die Zeit wirklich drängt: Wir haben im Seehaus angerufen; Eigentlich ist 17:00 Küchenschluss, aber er verlängert eine Stunde. Nicht nur wegen uns, es kommen wohl noch mehr Wanderer.Der Abzweig zum Seehaus, rein geht es in den Wald. Viel schneller als gedacht senkt sich die Dämmerung, das dichte Blätterdach tut ein übriges dazu.Es ist buchstäblich finster wie im B… dunklen Wald.Endlich, da ist es!

Noch ehe wir unsere Jacken in der Gaststube aus haben ist unsere Essensbestellung in der Küche. Unserem Hunger kommt der Turboservice entgegen. Suppe, Kaiserschmarn und Sülze, da gibt es nichts zu meckern. Vielen Dank nochmal an den Koch an dieser Stelle und schönen Feierabend.Mit den Getränken haben wir etwas mehr Zeit und es ist nach der ganzen Lauferei ja auch nicht schlecht einfach ein bisschen rumzusitzen und den Tag Revue passieren zu lassen.

Die Strecke hab ich bei OpenStreetMaps reingeklickt. Wirklich anspruchsvoll ist der gesamte Weg nicht, auch wenn der Fichtelgebirgsverein das behauptet. Immerhin sind wir zwei Etappen auf einmal gelaufen; Und mein Vater mag fit sein, ist aber trotzdem 70. Ich denke, der Herbst ist genau die richtige Jahreszeit. Macht das auch mal, der Herbstwald ist der bunteste Ort der Ruhe, den ich kenne.

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(swg)