Archives for category: …Eltern sein dagegen sehr

Mittwoch Abend hat Mika wieder Mal Fieber gehabt, Donnerstag Morgen wäre seine nächste Impfung fällig gewesen – so natürlich nicht, die Grippeimpfung musste ausfallen. Seine Dauer-Erkältung hat mir weniger Sorgen gemacht als der jetzt neu dazu gekommene Husten. Also trotzdem mal bei der Kinderärztin vorbei gehen und den kleinen Kerl vorstellen. Pünktlich bei der Kinderärztin zeigt er, dass es ihm nicht so gut geht, er atmet deutlich gepresst. Beim Abhorchen erst ein »das klingt aber nicht gut«, dann ein »Beginnende Lungenentzündung!«. Das kam jetzt doch überraschend, wir sollen gleich mit Antibiotika draufhauen. Ohje. Na gut.

Eigentlich ist Mika recht fröhlich drauf. Nachdem wir kurz das Rezept in der Apotheke eingelöst haben, will er wieder spazieren gehen. Aber er gerät ziemlich schnell außer Atem, was ihn offenbar selbst verblüfft. Seine Ziele beim Herumspazieren liegen weiter weg, als er gerade über Ausdauer verfügt. Er wirkt ein wenig deprimiert, wie er da auf dem Parkplatz vorm Konsum herumsteht. Gerne wäre er weiter auf den Randsteinen herumbalanciert, vielleicht vorn herum am Schreiberli vorbei gestapft: Geht aber nicht. Er ist müde, also gehen wir einfach heim; Heißt: Ich trage ihn, was wirklich nicht häufig passiert. Ein klein wenig Spielen wir noch, lunschen ins Müsli, gucken Bücher an und dann ist Schicht im Schacht, einfach eingeschlafen über einem Buch, auf meinem Schoß.Bewegen durfte ich mich in der ersten Stunde nicht, fast wäre er mir aufgewacht. Dann hätte ich ein sehr knatschiges Kind gehabt. Leider lag nicht mal mein Handy in Griffweite, mir blieb auch nur, ein Nickerchen zu machen. Gibt schlimmeres. Nach einer Stunde konnte ich Mika doch abkippen, er hat zum Glück einfach weiter geratzt. Was tun ist jetzt aber trotzdem schwierig, schließlich liegt das Kind im Wohnzimmer auf der Couch. Und nix was ich tue darf Lärm verursachen… Naja, ’ne Waschmaschine krieg ich angeworfen, bissel was aufgeräumt; Ansonsten ist die Verdammnis zur Tatenlosigkeit wirklich furchtbar.

Furchtbar an Kind-krank ist auch, dass Mika nicht wirklich isst. Beim Müsli ging es kaum über drei Löffelchen hinaus. Sonst mag er so gar nichts essen. An allem knabbert er nur ein bisschen rum, aber im Großen und Ganzen wartet er einfach darauf, dass Maria wieder da ist; Dann hängt er ausschließlich an ihrer Brust. Nachts sowieso, und wenn sie zuhause bleibt erst recht. Dabei reicht ihre Milch schon lange nicht mehr aus. Nachts wacht Mika auf und will was essen, gebärdet es und möchte aufstehen, in die Küche gehen. Gibt man dem nach findet er aber nichts, was er tatsächlich essen will. Egal, was man anbietet: Müsli, Knäcke, Butterbrot, Banane, Apfel, Gurke – nichts davon will er jetzt essen. Jedes Kind isst Nudeln?! Mika gerade nicht, also jetzt nicht, manchmal schon, aber auch nur nach Laune. Aus der Kita wissen wir eigentlich, dass er all das ganz gerne mag. Beim Abholen krallt er sich zum Beispiel gern mal schnell noch ein Butterbrot und mampft es dann. Zuhause nicht. Hier steht er nachts leicht verzweifelt und hungrig in der Küche.

Für Mika scheint Nahrung auf einem Teller ein interessanter Zeitvertreib zu sein, aber Nahrungsaufnahme definiert er anders. So war es für Maria gestern, am Freitag, auch ein einziges „Mamamamamama“. Besser ging es Mika noch nicht, und es ist auch eher anstrengend, wenn das Kind andauernd die Brust will. Geschweige denn, dass man so irgendetwas erledigt bekommt. Weil das so ist, ist heute Aufräum-Samstag. Wenn alle da sind kümmern sich gleich vier um das kränkliche Knatschkind. Als Hahn im Korb ist er fast schon zufrieden.

Spät nachmittags hat der Reitverein, bei dem auch Alinas und Jannikas Hobbyhorsing stattfindet, zum Laternenfest geladen. Spazieren geht’s mit den echten Pferden, hinterher gibt es Lagerfeuer und Bratwurst. Kontaktscheu ist Mika nicht.Kurz nach sechs hat Mika fertig, wir fahren heim – nee, wir laufen, vom Bus sehen wir nur die Rücklichter. Mika findet’s doof, der will jetzt einfach nur ins Bett, ich lauf einfach schneller durch die dunklen Straßen. Zwei Haltestellen sind keine so große Entfernung.

(swg)

Es ist Zeitumstellung. Wieder. Wann hat man in der EU noch gleich rumgetönt, man würde das jetzt mal reformieren wollen? Das war 2018 und namentlich der Juncker! Zweitausendachtzehn! ’21 hatte man sich im Parlament durchgerungen, jetzt aber mal echt was zu machen. Und dann kam Corona. Und dann russischer Angriffskrieg. Und seit dem war auch immer irgendwas wichtiger. Außerdem isses ja eh ganz schlimm, wenn’s evtl. ’ne Zeitzone mehr in der EU geben würde. Wirtschaft kollabiert dann nahezu, muss man wissen. Alles Chaos. Schlimmschlimmschlimm.

Naja. Niemand hat Mika erklärt, was Umstellung auf „Normalzeit“ bedeutet. Der hat einfach seinen Rhythmus und ist heute halt statt halb sieben schon halb sechs wach. Genau genommen ist es ja auch wirklich schon halb sieben, nur eben nach alter Zeit. Sehr schnell macht er klar, dass er keines Falls wieder einschlafen wird. So stehen wir eben auf, es wird eh ein Aufräum-Sonntag. Warum den dann nicht auch schön in die Länge ziehen… Aber wir frühstücken in Ruhe; Nur Toast und Müsli, keine Brötchen: Der Bäcker öffnet erst um sieben. Was soll’s, Geld gespart.

Andererseits haben wir tatsächlich einfach mal die Bude durchpusten können. Dieser ganze Krümel-Kram, der Bodensatz des alltäglichen Lebens, der sich immer ansammelt, den man einfach „irgendwohin“ legt, der schlicht keinen Platz hat, diese ganzen Ablagerungen, die sind einfach mal … Nee, natürlich nicht komplett weg. Wenigstens aber aussortiert, weggeschmissen und der Rest zusammengekehrt und verstaut. Kleinanzeigen haben wir auch gefüttert, mit Umstandskleidung, Kinderklamotten, Schuhen, Baby-Spielzeug … Vieles davon sollte sich besser in den nächsten paar Wochen verflüchtigen, sonst hilft nur Entsorgung. Genau genommen geht es uns dabei ja auch nicht vordergründig ums Geld, sondern ums nicht wegschmeißen müssen. Aber wenn’s keiner will, geht’s halt den Weg alles irdischen. Vielleicht wird einiges auch eine gut gemeinte Spende. Aber ihr wisst ja sicher, wie ich: Gut gemeint ist das exakte Gegenteil von gut gemacht.

Zum Kochen hab ich immerhin Zeit. Viel brauch‘ ich nicht für einen süßsauren Linseneintopf. Gemacht hab ich den vor allem wegen Alina, die mag Linseneintopf. Sonst mag sie fast nichts, isst fast nichts und dann nur komische Sachen, Linseneintopf süßsauer zum Beispiel. Zu einem abschließenden Urteil über meinen kommt sie nicht, sie ist schwer erkältet und schmeckt nicht viel. Ohrenschmerzen gesellen sich auch langsam dazu, klassischer Infekt also. Das wird nix mit der Schule morgen, und auch Hobby-Horsing wird sie sausen lassen müssen.

Eigentlich ist das ein Novum: Im Gegensatz zu Jannika war sie noch nie so krank, dass sie nicht hätte zur Schule gehen können. Da war Alina immer ein bisschen neidisch auf ihre kleine Schwester: Einfach mit Papa im Homeoffice abhängen. Janni hat immer alles mitgenommen, was auch nur auf der anderen Seite des Schulhofs zu sehen war.

Mika geht schon kurz nach vier wieder schlafen, der ist auch noch angekratzt. Bei ihm klingt die Erkältung gerade ab. Ganz vielleicht kann er morgen wieder in die Kita, seinen Rotz wird man da tolerieren müssen – den wird er bis Frühjahr sowieso nicht los werden. Kein Kleinkind in der Krippe wird das von Anfang Herbst bis Ende Frühling los. Wenigstens schläft er dann wirklich lange, kriegt aber natürlich irgendwann nachts wieder Hunger. Mit der Brust gibt er sich dann nicht zufrieden. Nein, aufstehen, in die Küche gehen und da irgendeinen Post-Mitternachts-Snack aus Obst, Müsli oder Toast reinpfeifen. So isser drauf.

(swg)

Mikas Eingewöhnung in der Kita hat gut geklappt, er fühlt sich ganz offensichtlich wohl da. Er marschiert fröhlich durch Eingangstor und -tür und ist eher ungeduldig beim Umziehen. Gleich gibt’s nämlich Frühstück – denkt er. Jetzt, wo Maria und ich wieder arbeiten gehen, gebe ich ihn deutlich früher ab: Zwischen viertel und halb acht. Die Frühbetreuung findet gemischt mit dem Kindergarten statt, dadurch ist keine seiner Erzieherinnen da; Frühstück gibt’s erst gegen acht. Das ist so der einzige Punkt, der ihm missfällt: Mika steht jetzt wieder sehr lange zögernd an der Zimmertür. Wenn ich ihn dann doch über die Schwelle schiebe, am besten wenn gerade noch ein Kind abgegeben wird, verzieht er sein kleines Gesichtchen. Wirklich lange ist er aber nicht betrübt, weint wohl auch nicht. Sagt man mir jedenfalls beim Abholen.

Eigentlich holt Maria Mika nachmittags ab, heute aber nicht. Die beiden Großen brauchen noch Begleitung zu ihrem Parkour-Kurs; Der findet jetzt Mittwochs und oben in Gompitz statt. Damit ist montags Zeit für Hobby-Horsing frei geworden, das andere Steckenpferd meiner beiden Töchter. Was am wichtigsten dabei ist: Alina trifft ihre allerbeste Kindergarten-und-immer-noch-Freundin wieder. Die geht seit dem Kindergarten auf eine andere Schule, aber das Band ist halt nie zerrissen. Jedenfalls sind Hin- und Rückweg zum Parkour mit den Öffis nicht so trivial. Und weil Maria also die Begleitung gibt, hole ich Mika aus der Kita ab.

Zusammen mit dem Kindersitz und dem Obst-und-Gemüse-Einkauf vom Mittwochs-Markt ist das auf dem Fahrrad schon eine kleine Herausforderung. Die beiden Taschen vorn am Lowrider wiegen zusammen 14 Kilo; Ich hab Bammel, dass da eine Schraube aus der Gabel reißt. Ganz abgesehen davon, dass sich das jetzt schon recht beschissen lenkt: Hinten sitzt ja noch Mika in seinem Römer. Wenn der noch aus lauter Freude rumhampelt, dann schlingere ich wie besoffen und brauch die ganze Straße. Heute geht’s aber, mit etwas Umsicht und langsamer. So weit ist der Heimweg nicht.

Im nieseligen Kackwetter des heutigen Mittwoch zieht es mich eigentlich in die Wohnung. Auf rumsitzen am Sandkasten im Hof hab ich keinen Bock. Lediglich mein Vogelhaus geh ich kontrollieren. Vor zwei Tagen hab ich zuletzt gefüllt, naja, vielleicht ein Viertel fehlt: Mika nimmt mir den Becher aus der Hand und schöpft selber Körner aus dem Eimer in den von mir gehaltenen Trichter. Die Körner rascheln in dem Milchkarton hinunter. Viel braucht’s ja nicht. Man hört inzwischen ein paar Vögel krakeelen, die große Spatzenschar fehlt aber immer noch.

Für mehr interessiert sich auch Mika heute nicht im Hof, zum Glück. Aber er will vorne aus dem Treppenhaus wieder raus. Naja, meinetwegen. Recht zielsicher schlägt er den Weg Richtung Einkaufen ein. Zu spät fällt mir ein, dass ich mein Portemonnaie in den Fahrradtaschen vorm Aufzug gelassen habe. Und die ein Euro zwanzig in meiner Hosentasche werden nicht weit reichen. Beim Bäcker würde ich damit schon abblitzen.

Mika nimmt derweil jeden Poller mit und balanciert auf jeder Einfassung bis zum Konsum. Dort schnappt er sich einen Kinder-Einkaufswagen, bedeutet mir, ich soll da mal oben am Griff mit festhalten; Dann ziehen wir los. Einkaufen. Nach ein bisschen wahllosem Regale-Räubern entscheidet er sich für Pflaumen. Testweise leg ich eine auf die Kontroll-Waage: Dafür wird’s Hosentaschengeld reichen. Das man erst bezahlen muss, hat Mika noch nicht so verinnerlicht. aber auf dem Arm sitzend kann er mit mir nur an der Kasse warten. Wozu die Pflaume da auf dem schwarzen Band liegt, ist ihm scheint’s ein Rätsel. Neunundvierzig Cent später gehen wir zur Bank im Eingangsbereich. Dort sitzen wir dann, er beinebaumelnd, und essen die Pflaume. Also ich achtel sie mit dem Fingernagel und er katscht das Fruchtfleisch von der Schale, den Rest krieg ich zurück. Eigentlich würde er noch eine zweite Pflaume essen, draußen weiter spazieren ist aber auch ok.

Im Niesel spazieren wir einmal ums „Räcknitzforum“ herum. Als das Geschäfts- und Bürogebäude noch „Paradiesgarten“ hieß, war das eine schamlose Übertreibung. Der neue Name nähert sich der 90er-Jahre-Hässlichkeit etwas besser an. Ist trotzdem verschwendeter Beton. Vieles steht leer, weil einerseits die Mietpreise absurd hoch liegen und andererseits das Charme einer angehübschten Baracke durchs innere weht. Es ist hoffnungslos.

An der Straßenbahnhaltestelle wendet Mika dem Räcknitzforum verdienter Maßen den Rücken zu. Er will zu den Hochhäusern: Zu dem Wohngebiet führt eine Treppe – und das ist schließlich das Allerbeste: Eine Treppe hoch steigen.

Irgendwie scheint er aber noch ein anderes Ziel zu haben. Ohne Umwege schleift er mich geradeaus durchs Wohngebiet. Ich ahne es; Da hinten, neben dem letzten Hochhaus ist ein Spielplatz. Aber dass er sich daran erinnert?! Einmal war er hier mit Oma. Ja, wirklich. darauf hält er zu. Die Rutsche ist super, denn sie ist hoch. Sehr, für seine Verhältnisse.Uff! Das war ein ziemlich harter Aufschlag auf seinen kleinen Hintern. Eine Nasse Rutsche und eine Matschhose geben in der Kombination viel Schwung. Mika hat’s ziemlich weit von der Rutsche katapultiert und quasi sitzend auf den Kies knallt. Das ist aber nicht, worüber er sich beschwert: An seinen Händen kleben die nassen Kieselsteinchen, das findet er sehr doof. Nochmal rutschen will er trotzdem nicht. Vom Laufen hat er auch genug, ich trag‘ ihn jetzt einfach schnurstracks nach Hause. Gänzlich gegen seinen Willen scheint das nicht zu sein.

(swg)

Mikas Wochenrückblicke

7.9.2024

Mika brabbelt immer mehr, benutzt aber auch allerhand Gesten. Unter anderem kann er zeigen, dass er eingekackt hat; Gerade hat er das Janni gezeigt und dann auch verlangt, dass sie ihn wickelt…

Er ist zum Bäcker und zurück gelaufen; Hat dafür seinen kleinen Rucksack aufgesetzt, einen Stein, ein Pferd eingepackt und Leo unter den Arm geklemmt.

8.9.2024

Ich hab mit Mika Torsten besucht, der feiert seinen Geburtstag. Wie das immer so ist: Mika pennt mal wieder extra lang, wir haben ja einen Termin. Fünfzehn Uhr wollen wir dort sein. Eigentlich … Außerdem hat Mika das Mittagessen verpasst, das muss noch rein. Mit Jägerschnitzel krieg ich die Kinder eigentlich immer, Mika allerdings bisher nicht so, den Kartoffelbrei wollte er auch bisher nicht, lediglich Möhrchen in Butter zogen bei ihm. Heute ist das anders, fröhlich mampft er alles drei’s durcheinander. Na, nicht schlecht.

Bei Torsten zeigt er erstaunlich wenig Scheu. Er spaziert in die Wohnung, grinst alle Gäste an, die schon da sind, und fängt an zu spielen. Am meisten begeistert er sich für die Modellbahn, Torsten hat seine alte Platte wieder in Betrieb. Immer wieder steh ich mit Mika auf dm Arm davor und wir gucken, wie die Züge im Kreis flitzen. Oder mal entgleisen und von den anderen Kindern mühsam wieder auf die Schienen gefummelt werden.

Haustiere gibt es auch, aber so spannend findet Mika die Landschildkröten nicht; Die Wasserschildkröte dagegen findet er aber schon spannend, denn die ist gerade sehr aktiv. Es gab Futter. Wir hatten ihm schon zu Hause die Gebärde für Schildkröte gezeigt; Er hat sie sofort versucht nachzumachen. Und auch jetzt zeigt er die Gebärde wieder. Schon erstaunlich, wie leicht und schnell er seinen Gebärden-Wortschatz erweitert.

10.9.2024

Mit der Eingewöhnung in der Kita bleibt es schwierig – finde ich jedenfalls. Mika will partout nicht ohne mich in der Kita bleiben. Heute hab ich versucht mit ihm vorher drüber zu reden, dass ich dann gehen muss und er bleibt. Er hat mich entgeistert angeguckt und energisch seinen kleine Kopf geschüttelt. Kurz darauf hat er sein Spiel unterbrochen und wollte, das ich mit ihm zur Garderobe gehe. Anziehen. Nach Hause.

12.9.2024

Gestern hat Mika ganz schön geklammert beim Abgeben an der Tür. Fand er gar nicht gut. Auch heute wollte er mich wieder mit ins Spielzimmer nehmen. Er brach in Tränen aus, als ich mich aber verabschiedete. Immerhin hat er sich aber nicht an mir festgekrallt und ist bei seiner Bezugs-Erzieherin geblieben.

13.9.2024

Es schifft den ganzen Morgen, deswegen nehme ich heute wieder den Chariot um Mika in die Kita zu bringen. An der Kita angekommen stiefelt er fröhlich hinein, es sind viele Kinder auf dem Gang. Die Spielfläche wurde auf die Art erweitert, es ist einfach zu nass im Garten, um raus zu gehen. Interessiert guckt Mika sich um, setzt sich aber erstmal zum Umziehen hin. Dummer Weise nenne ich seine Erzieherin beim Namen, als sie auf den Gang heraus kommt: Aline. Mika kann das aber nicht von seiner Schwester Alina unterscheiden. Er schaut sich suchend um, und bedeutet mir, dass sie ja nicht da ist! Dann bricht er in Tränen aus. Tröstend nehme ich ihn auf den Arm und erkläre nochmal, dass ich jetzt gehen muss, aber bald wiederkommen. Aline kommt zu uns, Mika streckt überraschender Weise die Arme nach ihr aus, weint, winkt mir, weint immer noch, winkt nochmal. Ich kann gehen. Kurios.

14.9.2024

Hat Mika sich gerade wirklich selber erkannt?! Zusammen gucken wir unseren Monatskalender an; Er will vor allem immer die Seiten mit den Pferden finden. Wir fragen ihn immer mal, wer da so zu sehen ist: Seine Schwestern erkennt er immer und schon lange; Er gebärdet sie auch. Mit Maria und mir hat er natürlich auch kein Problem. Aber dann ist er selbst zu sehen und dabei zeigt er jetzt auf sich selbst. Wir probieren es nochmal auf einer anderen Seite: Klappt wieder! Das wäre doch recht früh; Andererseits haben wir ihn auch oft genug sich selbst gezeigt. Das müssen wir mal vorm Spiegel ausprobieren.

16.9.2024

Ich versuche weiter meinen Sport noch unterzubringen: Mit Mika bin ich deswegen heute schon halb neun in der Kita. Zeitiger geht nicht, denn ins Frühstück darf ich nicht hereinplatzen. Schon vor dem Tor ist Mika klar, worum es jetzt geht. Er weint nicht richtig, aber er jammert: „Mamamamama…“ Ach, mein kleines Elend. Ich nehm‘ ihn auf den Arm und trage ihn in die Kita. Beim Schuhe wechseln ist eigentlich alles wieder in Ordnung. Vor allem ist Mika abgelenkt, Ein Mädchen aus seiner Gruppe zieht sich auch gerade um; Es fasziniert ihn, dass sie die Schuhe selber aus und an bekommt.

Ins Zimmer will er noch nicht gehen, aber er kommt mich erstmal knuddeln – und ich verhindere das er mir von seiner Erzieherin aus dem Arm gepflückt wird. Nach einer Weile löst er sich von mir und will mit mir zur Ausgangstür, nach draußen. ‚Nee, Mika. Du kannst spielen gehen und ich muss zum Sport.‘ Kopfschütteln. Ich knuddel ihn weiter; Frag nochmal, ob er rein geht, spielen, ‚da gibt’s die Schleich-Tiere, Elefanten!‘. Irgendwann geht er tatsächlich. Ohne mich! Ok, kurz hinter der Schwelle dreht er sich doch wieder um und kommt weinend zurück. Es ist aber nichts panisches drin, er hört sich nur unzufrieden an. Er lässt mich los, ich darf ‚Tschüss‘ sagen.

Die Zeit für Sport ist knapp, heute, ich muss mein Programm im Fitness-Studio kürzen. Außerdem erfahre ich, dass mein Fitness-Studio schließt. Ich hab nur noch diese Woche. Muss mir was neues suchen. Mist, verdammter.

20.9.2024

Heute Morgen hat Mika tatsächlich was bemerkenswertes gemacht. Im Flur stand er mit runtergelassener Hose und gebärdete „Kacka“. Kurz in die Windel gelunscht: Nö, hatt’er nicht. Also ihm die Hose wieder hochgezogen. Er protestiert? Und er zieht die Hose runter und gebärdet wieder „Kacka“. Aber er zeigt auch noch ins Bad: Aufs Töpfchen will er! Das klappt auch tatsächlich. Na spannend.

Mika spricht so gut wie nicht. Es geht kaum über Papa und Mama hinaus. „Oma“ kam einmal und dann nicht mehr. Wenn seine Schwestern (zurück)kommen sollen zum Spielen, hat er ein hochtönendes Quietschgeräusch, von dem einem die Ohren klingeln. Aber es sind tatsächlich leicht unterschiedliche für seine beiden Schwestern. Dazu macht er eine grabschende Geste. Er kennt überhaupt inzwischen eine große Zahl an Gebärden für Dinge und einige Tätigkeiten. Jetzt hat er begonnen soetwas wie Zweiwort-Sätze damit zu bilden. Wenn er ein Flugzeug hört zeigt er die Gebärde dafür und dann „weg“, weil man ja das Flugzeug nach kurzer Zeit nicht mehr sieht. „Weg“ ist überhaupt seine Lieblingsgebärde.

Was dagegen gar nicht klappt ist der nächste Schritt in der Kita-Eingewöhnung. Mika soll heute nicht nur mit Mittag essen sondern auch schlafen. Wir haben nicht dran geglaubt. Zu Hause schläft er seit jeher nur mit Maria und vor allem stillend ein. Ohne Brust von Mama wird das nichts. Die Mensa ist nicht weit, dort wollen wir Mittag essen und auf den unvermeidlichen Anruf der Kita warten. Lange dauert’s dann auch nicht. Mika ist nicht zu beruhigen, geschweige denn, dass er schläft. In der Kita höre ich ihn schon heulen. Er ist schon wieder umgezogen, ein bisschen verloren tappst er durch den Gang. Als er mich sieht bleibt er stehen, verstummt und guckt verlegen auf seine Finger. Das ist ein bisschen lustig, aber wie wir das hin bekommen sollen, ist mir ein Rätsel.

23.9.2024

Gestern haben wir zu Hause den Mittagsschlaf ohne stillen nochmal probiert. Eine reine Katastrophe. Sogar bei mir in der Manduka ist er erst nach einer dreiviertel Stunde eingeschlafen. Er wollte einfach keinesfalls ohne Milch einschlafen. Dafür gibt’s jetzt auch Abends regelmäßig Ärger beim ins-Bett-bringen. Eigentlich ist er an Marias Brust schon weggeschlummert, da geht ein Zappeln durchs Kind und er ist wieder wach, will raus und spielen :|

Heute Nacht ist er dann sogar um drei aufgewacht und wollte ins Wohnzimmer zum spielen. Erst nach einer halben Stunde ließ er sich überzeugen, wieder ins Bett zu kommen. Solche Nächte machen einen kaputt, man läuft den ganzen nächsen Tag wie neben der Spur.

Beim Abgeben heute Morgen in der Kita ist Mika tatsächlich alleine ins Spielzimmer marschiert. Nicht ohne Tränchen, er fing an zu weinen, aber er guckte dabei nur zurück und winkte. Aber er ging. Kann man das tragikomisch nennen? Es war ein bisschen traurig, ein bisschen lustig. Und es fühlte sich komisch an.

Heute kam kein Anruf, was aber schlicht daran lag, dass ich schon in der Kita war. Mika schlief natürlich nicht, er war draußen im Gang unterwegs. Bzw. ließ er sich einen Becher Wasser geben. Verständlich machen kann er sich offenbar, auch wenn die Erzieher keine Gebärden können. Die Kinder schlafen schon getrennt nach denen, die wirklich schlafen und denen, die wach im Bettchen liegen. Mein Kind bleibt nicht liegen, auf gar keinen Fall. Mika läuft draußen rum …

26.9.2024

Da Mika auch am Dienstag nicht zum Mittagsschlaf gekommen ist, haben wir ihn ab Mittwoch nicht erst um neun abgegeben, sondern schon um acht. Er frühstückt mit und hat einer Stunde länger bis zum Mittag. Wir hoffen, dass er dann einfach platt genug ist, um einfach nach dem Mittagessen einzuschlafen. Im Prinzip geht der Plan auf, auch wenn er ziemlich lange braucht, ehe er einschläft, sagt man uns. Ohne Tränen ging das natürlich nicht, aber immerhin kuschelt er seine Bezugs-Erzieherin und schläft wirklich ein.

In die Kita ist Mika wieder genauso fröhlich hineinmarschiert, wie in den letzten Tagen. Er mag die Kita sehr, er geht gern hin. Nur der Abschied vom Papa, der war bisher schwer. Nach dem Umziehen ist Mika heute Morgen allerdings einfach in die Mensa rein marschiert, hat seine Erzieherin geknuddelt und mir einfach nur kurz gewinkt. Dann gab’s Frühstück für ihn, ich sollte bitte gehen. Ganz einfach.

So schön es ist, dass er sich offenbar in der Kita wohl fühlt, ein bisschen befremdet es mich schon. Bin ich etwa ein wenig eifersüchtig?! Wahrscheinlich. Heute Mittag hat er dann wohl wieder geschlafen, sogar schneller als gestern. Leider wieder nur eine halbe Stunde, entsprechend breit ist er, als ich ihn nach dem Vespern abhole. Essen scheint so gar kein Problem zu sein. Im Gegenteil, er isst sehr ordentlich, mit Besteck oder beißt ordentlich von seinem Vesper-Knäcke ab. Zu Hause lutscht er immer nur dem Belag runter; Mit den Resten wird gerne rumgematscht. Und er bleibt sitzen, bis alle anderen fertig sind. Macht er zu Hause nie. Wenn er da keinen Bock mehr auf essen hat steigt er einfach aus seinem Kinderstuhl und klettert runter.

Ansonsten ist Mika heute so breit, dass er nach einer knappen Stunde spielen zu Hause im Hof einfach nur schlafen will. Es ist kurz nach vier. Zum Abendbrot ist er nochmal kurz wach, danach ist er ganz offensichtlich wieder reif fürs Bett.

29.9.2024

Uns ist aufgegangen, dass Mika wohl wirklich ein Problem mit dem Sprechen hat. Er tut es einfach nicht. Bevor jetzt jemand ruft ‚kein Wunder, er kann ja Gebärden nutzen und muss gar nicht sprechen!!‘: Nee, so ist das nicht, aber dazu später. Letzten Freitag war seine U7. Mal abgesehen davon, dass er mit 8,6 kg immer noch sehr leicht ist, verläuft seine Wachstumskurve noch halbwegs parallel zum Standard. Das mach uns auch wenig Sorgen. Er ist irrsinnig agil, läuft, klettert, spielt. Manchmal ist das fast schon zu anstrengend für uns.

Heute waren wir zum Beispiel im Dresdner Zoo (Man, haben die Preise angezogen!): Er ist die ganze Runde selber gelaufen, fröhlich, mit all seinen selbständigen Ausflügen und Umwegen, die er immer überall macht. Was er aber, wie gesagt, nicht macht ist sprechen. Nicht ein Wort auf der Liste der Ärztin konnten wir ankreuzen, denn er spricht tatsächlich kein einziges – Mama und Papa zählt nicht. Er versucht manchmal auch Wörter zu sprechen, neulich ist er in seinen Kinderstuhl geklettert und hat ‚maln‘ gesagt: Seine Buntstifte und das Malheft hatte er im Visier. Mehr ist da aber gerade nicht. In seinem Alter sollten es wenigstens 50, aber eher so gegen 100 Wörter sein.

Physische Ursachen schließen wir erstmal aus. Hören kann er definitiv; Komplexe Aufgaben versteht er und erledigt sie. Inzwischen gebärdet er auch kurze Sätze, es ist also nicht so, dass Mika sich nicht ausdrücken könnte. Die Kinderärztin hat uns trotzdem eine HNO-Überweisung ausgestellt und das ‚Heidelberger Elterntraining‘ nahegelegt. Offenbar gibt es so 15% der Kinder, die spät sprechen lernen. Das fällt, wie bei uns, um den zweiten Geburtstag auf. Ein großer Teil der Kinder holt bis zum 3. Geburtstag beim Spracherwerb auf, der kleinere Teil hat immer größer werdende Probleme. Man kann aber jetzt nicht feststellen, wen das später treffen wird.

Beim Ratgeber zum Heidelberger Elterntraining steht noch was Interessantes dabei: Eine große Unterstützung beim Spracherwerb ist das Gebärden. Es hilft den Kindern beim Verknüpfen und beugt außerdem Frust vor, dass sie sich nicht verständlich machen können. Aus versehen scheinen wir also das Richtige gemacht zu haben. Mika hat offenbar große Freude daran, sich mitzuteilen. Früh morgens hat er heute gesagt, dass seine Schwestern heute in die Schule gehen. Ich muss jedesmal grinsen, wenn er Gebärden fuchtelt. Bisschen hin ist es ja noch zu seinem zweiten Geburtstag, vielleicht tut sich ja noch was.

(swg)

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