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Wir haben es tatsächlich zeitig von unserem RMK-Platz herunter geschafft. Nur eine halbe Stunde fahren wir, dann stehen wir auf dem Zeltplatz bei Tallinn. In Tallinn selbst gibt es keinen richtigen Zeltplatz und die angebotenen Stellplätze von Hostels und anderen fallen eher mit durchwachsenen Bewertungen auf. Aber einen Platz außerhalb mit einem Haltepunkt der Metro gibt es und den haben wir gewählt.

Tallinn

Der Zeltplatz punktet schonmal mit einem tollen kleinen Spielplatz. Den Rest begucken wir später.Es gibt kein großes Federlesen: Der Chevy wird einfach auf den Campingplatz gestellt, wir sammeln unseren Kram zusammen – was wir so für eine Stadtbesichtigung benötigen – und dann machen wir uns auf den Weg, Tallinn.Der Bahnsteig zur Metro liegt 10 Minuten entfernt. Ein halbe Stunde zu früh hätten wir vielleicht nicht da sein müssen, hier fahren Züge pünktlich.

Unsere erste Hürde müssen wir im Zug überwinden und Tickets kaufen. An einem Display kann man einfach seine Ticketart und -anzahl wählen, dann hält man seine Debitkarte dran. Und wo bleibt jetzt das Ticket? Stellt sich heraus: Man hält seine Karte nur ans Terminal und es zeigt die gültigen Tickets an – genau das macht die Kontrolleurin. Genial einfach! Wir sind Digitalisierung einfach nicht gewöhnt…

Ein guter Grund den ÖPNV nach Tallinn hinein zu benutzen liegt an der Tatsache, dass das Zentrum gerade eine einzige große Straßenbaustelle ist. Man steht einfach überall im Stau. Wir nicht. Am Bahnhof lassen wir uns mit allen anderen aus der Station schwemmen. Gleich gegenüber sind die Markthallen, wo wir uns mit ein paar herrlichen Pflaumen für unterwegs versorgen. Im Biomarkt dort soll es auch glutenfreie Nahrungsmittel, insbesondere Brot, geben, so richtig fündig werden wir aber nicht.

Im alten Industrieviertel Kalamaja hat sich ein reges Kneipen- und Kunstviertel etabliert: Telliskivi Creative City. Alina hat direkt die ‚Banksy‘-Ausstellung entdeckt, sie gastiert gerade in Tallinn.Prinzipiell würde mir der Besuch auch gefallen. Die müssen wir leider auslassen. Ich wäre gern länger in Tallinn geblieben, allein es mangelt an Zeit.

Ich bin sehr angetan von der Telliskivi Creative City: Das Flair hier im Viertel gefällt mir auf Anhieb besser, als die Dresdner Neustadt. Und das liegt nicht nur am fehlenden Schmutz.Einmal schön Essen gehen, dass wollen wir Alina noch schenken. Es gibt im Szeneviertel wohl ein 100% glutenfreies Restaurant. Rezensionen empfehlen eine Reservierung auch unter der Woche; Und um die zu bekommen gucken wir mal persönlich vorbei, weit ist es ja eh nicht. Am Ende gefällt es uns nicht. Oder ist zu. Aufgegeben. Pleiten haben wir ja nun schon genug erlebt.Ist noch da! der Tisch reserviert, dann machen wir jetzt unseren Touri-Stadtbummel.

Zurück am Bahnhof vorbei geht es zu Tallinns Domberg; Dort erklimmen wir ihn über die ‚Patkuli trepp‘, immer an der Mauer hoch. Mika hat seine helle Freude daran, Treppen sind sein Ding. Oben hat man einen herrlichen Blick über die Stadt. Tallinns Dom und Altstadt sind schön, keine Frage, historisch bedeutsam, sicher. Und doch kommt es mir auch hier vor, als sei es nur noch eine Fassade. Belebt durch Touristen – obwohl man vielleicht eher „menschengefüllt“ sagen sollte (lasst Euch nicht von meinen Fotos täuschen, ich hab oft lang genug gewartet und die Menschen ‚rausgeknippst‘). Typisch für so viele europäische Städte und traurig zugleich. Das Leben tobt offenbar in anderen Stadtteilen.Gerne würde ich mir mehr von der Stadt genauer angucken. Dafür hätten wir aber deutlich mehr Vorbereitung benötigt. Und natürlich Zeit jetzt, zum gucken. Maria hat die Touristenroute durch die Altstadt rausgesucht und aufs Tablet gezogen, die wir ablaufen. Aber länger sich irgendetwas geschichtliches angucken ist nicht wirklich drin. Meist lese ich den Kindern schon zu lange die Infotafeln durch. Vielleicht wenn sie älter sind. Jetzt geht herumstreunen und Zeit verdödeln nur, wenn es eine Moorwanderung ist…

Im Pfarrgarten des Doms legen wir eine kleine Pause ein, Pflaumen essen. Mit Live-Musik. Die Kinder lassen es sich nicht nehmen, ein paar Euro im Chello-Kasten klimpern zu lassen.Ich werfe immer noch gerne einen Blick in die Kirchen einer Stadt. Der Prunk, den man sich dort immer geleistet hat in Anbetracht dessen, was die Menschen damals zur Verfügung hatten, fasziniert mich irgendwie. Glaube ist eine verrückte Sache. Und wahrscheinlich ist es auch die Ruhe, die dort herrscht. Damit bekomme ich eine kleine Pause vom Lärm der Stadt draußen.Wir meandern weiter und kommen an der Alexander Nevski Kathedrale vorbei; Nur reingucken dürfen wir hier, fotografieren ist drinnen verboten.Von hier gehen wir rüber zum Rathausplatz. Hier steht eine von Europas ältesten, durchgängig betriebenen Apotheken. Schon seit 1422 sollen hier Arzneien verkauft werden.Unmengen an Menschen stapfen hier durch. Ich komme mir einiger Maßen fehl am Platze vor. Nichtmal Fotos mache ich drinnen, ich will nur schnell wieder raus.Bis Maria und die Kinder wieder draußen sind, steh ich rum und frage mich, wieviele Menschen eigentlich in die Apotheke passen. Gefühlt gehen mehr rein als raus. Es ist auch irgendwie nicht schön, da seine Medikamente holen zu müssen; Die Apotheke ist ja noch in Betrieb! Immer mit dem Blick von Touristen über die Schulter und der gegen den Lärm anschreienden Apothekerin. Ich hoffe wirklich, wir waren einfach zu einer ungünstigen Zeit da und es ist sonst etwas ruhiger.

Wir streunen weiter zum Stadttor. Um auf die Stadtmauer selbst zu gelangen kommen wir etwas zu spät. Es ist gleich fünf und so werden wir am Aufstieg abgewiesen.Aber unten lang ist ja auch ganz hübsch. Wir biegen noch einmal in die Altstadt ab.Der Weg führt an der russischen Botschaft vorbei. Hat Russland eigentlich noch Botschafter in Europa? Oder sind die alle abgezogen? Der Protest ist jedenfalls deutlich.Der Grund für den Touristenstrom, mit dem wir durch die Stadt schwimmen, dürften die beiden Aida-Kreuzfahrtschiffe im Hafen sein. Mir sind e-bikes mit dem Schriftzug aufgefallen, und auch Guides mit Markenlogo auf dem Schild. Alina würde die Schiffe gerne sehen. Total begeistert bin ich von der Idee jetzt nicht, bis zum Essen haben wir aber noch Zeit. Da der Weg zum Hafen nicht so weit ist, machen wir das, Kreuzfahrtschiffe gucken.

Am Hafengelände liegt ein großer, abbruchreifer Komplex, von dem man gut gucken kann. Er wirkt eigenartig fremd, vor allem durch seinen Verfall, den man hier in Tallinn so gar nicht erwartet.Dort drüben liegen die Schiffe:Was das eigentlich für eine Ruine ist, haben wir uns gefragt: Linnahall war eine Multifunktionshalle, gebaut für die Olympischen Sommerspiele 1980. Cafés und eine Eissporthalle waren da drin. Mal sehen, was Tallinn draus macht. Ich denke ja, sie werden das Ding schleifen, der Geschichte wegen. Ach guck, es gibt ’ne „Vision“ davon, das Ding als Konzerthalle zu verwenden. Schwer zu sagen, wie aktuell das ist.

Wir wenden uns nochmal zur Altstadt, den Rest unserer Touri-Route abzulaufen. Unten vor der Stadtmauer ist ein richtig schöner Park gestaltet. Fast schon herrscht so etwas wie Ruhe.Der Park und der Platz der Türme hier unten sind wirklich schön. Für uns ist die Zeit fast ran, etwas essen zu gehen. Auf nach Kalamaja, vom Platz der Türme ist es nicht weit. Vorher gibt’s aber noch die Karte von der Altstadt-Tour:

Vollbildanzeige

glutenfrei

Ich hab vergessen, wann wir zuletzt essen waren. Zöliakie hemmt jeden Ausgehversuch und selbst ‚mal schnell zwischendurch‘ geht einfach nicht. Und Mika tut sein Übriges dazu: Er hält es ca. 5 min und drei Pommes lang in seinem Stuhl aus. Dann zeigt er ‚fertig‘, rupft sein Lätzchen vom Hals und beginnt aus dem Stuhl zu klettern. Er will raus und rumlaufen. Selbstredend rennt man ihm dann besser nach, dass er nicht die Kabel aus der nächsten Box zieht oder sonst irgendwas interessantes entdeckt, das er aus- oder abräumen kann.

Aber wir haben einen Tisch im Kivi Paber Käärid.Ein glutenfreies Restaurant zu finden, dürfte einem 6er im Lotto gleichen. Wenn es, wie das Kivi, 100%-glutenfrei ist, braucht man sich auch um Kreuzkontamination keine Sorgen machen. Alina freut’s, endlich mal keine Allergene suchen. Die bestellten Burger sind prima und auch der Nachtisch – Schokokuchen mit Blaubeeren – lässt keine Wünsche offen.Natürlich rennt einer von uns laufend dem Kleinen hinterher. Der ist immer schnurstracks zur Tür hinaus, draußen ist es nämlich viel interessanter. Vor allem erinnert er sich an den Spielplatz, den strebt er als erstes an. Von „in Ruhe essen“ kann nicht die Rede sein, aber immerhin hat es allen geschmeckt und am Ende sind alle satt und zufrieden.

Wir müssen noch unser Nachtlager bereiten: Der Chevy ist ja von uns einfach auf dem Zeltplatz abgestellt worden. Der Zug bringt uns zurück zum Zeltplatz..Es mutet immer noch kurios an, einfach seine Debit-Karte ans Terminal zu halten um einerseits Tickets zu zahlen und andererseits deren Gültigkeit zu prüfen (wenn ihr das Fahrzeug wechselt, Karte im neuen ans Terminal halten, zum validieren). Aber hey, wieviel einfacher könnte man es noch machen?

(swg)

Na so ein Reinfall. Eigentlich sollte Alina ein Bäckerfrühstück kriegen: In Riga gibt es eine glutenfreie Bäckerei mit mehreren Filialen. Das fällt aber buchstäblich ins Wasser.

Der Sturm hat in Riga stärker gewütet, als wir auf Kipsala mitbekommen haben. Es schifft noch immer und es geht ordentlich Wind. Auf vielen Straßen liegen dicke Äste von Bäumen, Straßen stehen tief unter Wasser, teils sind Bus und Bahn lahm gelegt. Überall ist Stau. So mancher hat allzu enthusiastisch versucht die „Wasserstraßen“ zu durchqueren und seine Karre ersäuft.

Als wir die Markthalle mit der glutenfreien Bäckerei erreichen, ist die komplett geschlossen. Vermutlich kommen weder Personal noch Waren an. Und jetzt? Ich bin dagegen, in die Filiale in der Innenstadt zu fahren, werde aber über stimmt. In unserer Richtung entkommen wir dem Stau. Außerdem erwische ich so noch eine günstige Tankstelle: Wenn Dein Tank 100 L fasst, summieren sich 7 Cent Preisunterschied schon.

Die zweite Filiale ist genauso zu, wie die erste. Mist. Wir versorgen uns nebenan im Supermarkt mit Frühstück, Alinas Pech hält aber an: Es gibt überhaupt gar nichts glutenfreies da! Ein paar Vorräte haben wir ja noch für Alina. Und Schokolade, und Kekse. Wir achten sehr aufs gesunde Essen unserer Kinder…Zu Hause ist Zöliakie kein großes Problem, bzw. fällt es kaum auf. Alina ist jetzt nicht so der Brotesser und Kuchen backe ich von jeher selbst. Jetzt im Ausland auf Reisen wird es auf einmal doch zur Hürde. Wie früher, im nächstbesten Laden irgendwas auf die Hand mitnehmen, das geht einfach oft nicht mehr. Alina kann uns ja auch nicht dauernd beim essen zugucken müssen. Die Suche nach Essen ist zum Zeitfaktor geworden; Und zum Ärgernis, wenn man nichts findet. Hässlicher Weise haben nur die Supermarkt-Ketten und da auch nur die ganz großen Filialen glutenfreie Waren hier im Baltikum. Solche Läden machen mir beim Einkaufen aber immer Stress; Ich will da jedes Mal so schnell wie möglich raus.

Uns bleibt nur weiterzufahren. In Sigulda, gut eine Stunde östlich, wollen wir einen Blick auf die Ordensburg werfen. Dann schauen wir weiter. Bis dahin hat der Regen wohl endlich aufgehört, sagt die Wetter-App.

(swg)

Kurz nach unserer Rückkehr vom Stadtbummel gestern ist aus den Regenschauern noch der angekündigte Dauerregen geworden. Der ganze Platz stand eh schon voller Pfützen, die Wiese quietschte vor Nässe, sehr zu Mikas Freude.Müßig, ihn davon abhalten zu wollen. Ich hatte derweil unterm Tarp die Pfanne heiß.Bratkartoffeln für die Kinder, dazu Pifferlinge; Die haben Maria und ich aber für uns alleine. Keines der Kinder mag Pilze.

Nacht

Eine ruhige Nacht war ja nicht zu erwarten, stürmische Böen und Starkregen waren angesagt. Nachdem wir ins Dachzelt gekrochen waren, haben wir argwöhnisch die Wetter-App beäugt. Windböen mit über 50 km/h haben wir schon, gegen zwei werden 70 angedroht, die sich bis fünf auf 110 km/h steigern sollen. Richtig wohl ist uns nicht. So rüttelt uns der Sturm dann auch halb zwei wach, dazu regnet es heftig. Um zwei beschließen wir, dass es besser ist jetzt unser Dachzelt einzuklappen, ehe der Wind es für uns tut.

Allen Krams werfen wir in den Chevy, die Kinder hinterher – Mika pennt einfach in seinem Sitz weiter, gut so. Maria nimmt das Zelt von innen auseinander; Ich bereite von außen vor, hechel mit meiner Leiter um den Bus, während mir der Regen ins Gesicht klatscht. Meine Regenjacke hält zwar dicht, aber die Jogginghose trieft. Dann noch klappen: Trotz Wind geht das Klappen besser als befürchtet. Einiges mehr als sonst muss ich reinstopfen, aber ansich funktioniert das wie bei Sonnenschein auch. Das wird spannend, wie nass am Ende alles sein wird, insbesondere die Matratze. Ein Pro-Tipp an alle, die das auch mal müssen: Mitten in der Nacht ist es ziemlich egal, ob ihr eine Hose an habt oder nicht. Wenn es schüttet, wie aus Eimern, kommt eh keiner gucken. Und hinterher habt ihr keine klatschnasse Hose am A…llerwertesten.

Pünktlich um drei sind wir fertig. Es wird eine recht unbequeme Nacht auf den Sitzen im Chevy, außer für Mika, der die ganze Aktion erst in seinem Kindersitz verpennt. und es sich später auf Marias Schoß gemütlich macht.Heute morgen schüttet es immer noch, nur der Wind hat irgendwann gegen 5 seinen Zenit überschritten. Alles ist irgendwie nass oder klamm im Chevy.Ich will irgendwo hin, wo es warm und gemütlich ist. Also sammel ich noch Tisch und Schuhe von draußen ein, dann zahlen wir unseren Stellplatz und fahren zum Frühstück: In Riga gibt es ein paar Filialen von glutenfreien Bäckereien.

(swg)

Der Wetterbericht erzählt von sehr viel Regen am Sonntag und auch am Montag. Stürmische Böen soll es dann auch noch geben, zwar erst nachts, angenehmer wird es dadurch natürlich nicht. Wir sind gestern in Riga angekommen und haben uns auf den ersten Campingplatz auf der Insel Kipsala gestellt. Drei davon gibt es da, wir haben den am nächsten zur Brücke gewählt. Vielleicht ist das alten Messegebäude (?) nicht der schönste Ort, aber die Wiese zum drauf stehen dahinter und die sanitären Anlagen sind ok. Und man kommt von dort schnell in Rigas Altstadt, sogar zu Fuß.

Für einen Stadtbummel ist es sicher nicht das beste Wetter, für Strand aber noch weniger. Wandern im Wald: Das fände ich optimal, regnerisches Wetter ist da super, ich liebe den Wald bei Regen. Mit einem quirligen eineinhalb Jährigen aber vielleicht doch eher nicht. Regnen soll es erst spät nachmittags, also spazieren wir nach einem ausgiebigen Frühstück los.

Nicht, dass wir jetzt schnurstracks in die Stadt kämen. Nein. Meine aufmerksamen Kinder haben was entdeckt: ‚Papa! Komma ganz schnell!!‘. In eine versenkte Baumscheibe ist ein Igel gefallen und hockt da nu bedröppelt, kommt nicht mehr raus. Anfassen kann man so einen stacheligen Gesellen mit bloßen Händen nicht, der ist wirklich verdammt pieḱsig von allen Seiten. Nach ein wenig hin und her fällt uns der Einkaufsbeutel im Rucksack ein. Da wird der Kollege hineinkomplimentiert und zu den Bäumen verfrachtet.Da lässt er sich ohne weiteres auskippen.Er bleibt erstmal hocken, hat ihn wohl gestresst. Wir wissen ja nicht, wie lange er in der Baumscheibe fest saß.

Wir wenden uns endlich der Stadt zu.Halb zwölf, achnaja…

Riga

Der Himmel ist depressiv grau, am Horizont verschmilzt er mit dem Fluss. Für das Panorama mit Stadtschloss haben wir die falsche Seite der Vanšu-Brücke gewählt.Aber unten vom Ufer der Daugave kann man das Schloss ebenfalls ablichten.Ok, es ist nicht die schönste Perspektive, die große Bundesstraße stört das Bild. Etwas.

Wir folgen den Touristenpfaden der Altstadt, laufen und schauen, wie die Stadt so ist.Ach, schon sind wir auf dem Domplatz. Ich hab gerade versucht eine Perspektive zu finden, bei der nicht die Hälfte des Bildes aus Domplatzpflaster besteht. Oder die Linien einfach nur stürzen. Ohne Erfolg und eigentlich ist es mir gar nicht so wichtig, weil schon tausend andere Touries ihre schlechten Bilder irgendwo gepostet haben. Und irgendwie brauch ich selber auch kein schlechtes Bild vom Dom und gebe es auf.

Ich weiß wieder nicht genau, warum ich mir die nächste große Stadt angucke. Es sind halt die Kulturzentren einer Gesellschaft. Sie gehören dazu, wenn man ein Land bereist, oder? Denn der Mensch ist, was das Land geprägt hat. Für uns Menschen jedenfalls. Ist seine Vergangenheit, Geschichte; Gepflasterte Touristenwüste. Vermutlich ist es eine Art Pflichtgefühl. Eventuell sollte ich nicht mehr versuchen mir die Städte zu erlaufen. Mit Zeit was Interessantes gezielt raussuchen und das angucken. Wäre sicher besser. Aber dazu bräuchte ich Zeit vorher, zum vorbereiten. Und dann auch zum Besuchen. Das war für diese Reise vorher ganz besonders nicht vorhanden, Zeit. Wahrscheinlich ist auch das trübe Wetter einfach kein Stimmungsaufheller gerade.

Am Dom stehen ein paar Plastiken, meine Kinder müssen sich auf alle draufsetzen. Und ich muss sie ablichten.Da waren noch mehr, muss ich ja aber nicht alle zeigen. Kotzkreisel muss noch; Ich geb‘ ordentlich Schwung.Bei sowas sind meine Mädels erstaunlich schmerzfrei. Insbesondere Alina ist meist die letzte, die vom Karussell steigt und dann auch kaum Schwindel empfindet, zumindest geht er recht schnell vorbei. Stabiles Innenohr. Dabei fällt mir ein, das Jannika noch nicht einmal auf dieser Reise schlecht war im Auto. Sonst wird ihr im Auto regelmäßig schlecht. Wenn sie es rechtzeitig merkt helfen die Kotz-Kaugummis. Oft genug ist es zu spät und eine Tüte muss herhalten. Im Chevy ist das noch gar nicht passiert. Erstaunlich eigentlich.

Nun gut. Gehen wir weiter.Was ist das? Das Haus der Schwarzhäupter. Die Schwarzhäupter waren die unverheirateten, ausländischen Kaufmannsgesellen, die sich in dieser Bruderschaft organisierten.Spannend, auch zu wissen, dass das Haus ein kompletter Neubau ist: 1941 haben es die Deutschen zerstört und später wurde die Ruine geschleift. Zur 800-Jahr-Feier hat Riga sich mit einer originalgetreuen Rekonstruktion beschenkt.Überall sitzen immer diese Jugendlichen rum und starren auf ihre dammichen Handies!! Ach nee, Moment… Irgendwann macht auch die Daumentrainingsgruppe da Platz und ich komme noch zu einem Foto.Ich musste mich beeilen, schon weil meine Familie weiter strebt. Genau genommen in den Souvenirshop im Schwarzhäupterhaus. Wir sind an der baltischen Küste im Bernsteingebiet – wir selbst haben noch nichts gefunden. Aber die Kinder würden sich genau so ein Souvenir gern mit nach Hause nehmen. Es bleibt bei Postkarten und einem Aufkleber für die Tür vom Chevy.

An der Petrikirche stehen die Bremer Stadtmusikanten: Bremen ist Partnerstadt von Riga.Etwas Besonderes ist die Plastik: Die Tiere gucken durch den überraschend geöffneten Eisernen Vorhang. Geschenkt wurde die Plastik schon 1990 von der Stadt Bremen, noch ehe Lettland tatsächlich wieder unabhängig war.

Auf den Turm der Petrikirche kann man rauf, was wir auch machen. Wenn man schon eine Stadt bei trübem Regenwetter zerstaunt, gibt es kaum etwas besseres, als von weit oben und Trockenen runterzugucken, wie alle nass werden. Ok: Im Café sitzen und durch’s große Fenster raus gucken, wie alle draußen nass werden. Das ist noch besser. Sonst fällt mir nichts ein. Also nach oben. Drinnen stellen wir überrascht fest, dass uns nur ein Aufzug nach oben bringen kann. Mit einer Treppe hatte ich schon gerechnet. Etwas warten müssen wir, beim einsetzenden Regen haben sich viele für den Blick von oben auf Riga entschieden.Alle werden nass da unten. Hat der Wetterbericht gesagt, hätte man wissen können. Unter den ganzen Touristen hier oben sind wir gut als ‚die Deutschen‘ zu erkennen, in unseren Regenklamotten. Begeben wir uns wieder hinunter und integrieren uns in die tropfende Menge.Die Bar hier hinter St. Petri heißt übrigens ‚The Sinners‘.

Wir denken jetzt auch ans sündigen, ans kulinarische. Die Rigaer Markthallen sollen da doch einiges bieten. Außerdem wollen wir mal wieder unsere Vorräte im Chevy ergänzen. Schon davor gibt es jede Menge Gemüsehändler, die uns mit Pflaumen, Äpfeln usw. versorgen. Drinnen geht es weiter mit hallenweise Wurst und Käse. Und Fisch.Ich wär blöd hier nichts mitzunehmen, Vegetarier hin oder her. Außerdem wird mir da niemand aus der Familie was wegessen :) Uns wird auch klar, dass wir hier unser Mittag nicht abfrühstücken können: Es wird müßig sein, jeden Händler zum Glutengehalt seiner Produkte zu befragen, Kreuzkontamination etc. Es verursacht mir zu viel Stress den Batrieb aufzuhalten, bis ich mich verständlich gemacht habe, während hinter mir gefühlt schon ein Fuß ungeduldiges ‚tap-tap-tap‘ morst. Lieber stöbern wir draußen hinter den Markthallen durch die anderen Obst- und Gemüsestände. Nehmen Äpfel, Pflaumen und Pfifferlinge mit.

Maria hat recherchiert, dass es mehrere glutenfreie Restaurants in Riga gibt. Eines ist das Zeest | TC Saga im Foodcourt eines Einkaufscenters. Vor Ort ist das allerdings nicht mehr auffindbar. In Google ist es eingezeichnet, aber niemand kennt es. So ein Mist :| Und jetzt? Was bei Alina-Kind noch auf der Wunschliste steht: ‚Ne Pommes!‘.

So einfach wie es klingt ist das nicht: Wenn die Friteuse auch für anderes, paniertes verwendet wird, dann ist die glutenkontaminiert und die Pommes sind es dann auch. Bei Mc Donalds hat man da immerhin eine Chance; Deren Arbeitsabläufe sind durchgetaktet und die Friteuse für Pommes nur eben für diese da; Das ist hoffentlich auch hier so. Solcherlei Etablissement findet man ja in großen Städten problemlos, da suchen wir jetzt eins auf. Dafür das wir die große Portion Pommes nehmen, ist die ganz schön winzig. Im Gegensatz zum Preis, alter Schwede! Naja egal.

Inzwischen opponiert Mika gegen das Sitzen in der Manduca. Gleich nebenan vom Mäcces ist das Freiheitsdenkmal und ein Park.Da kann Mika rumpanzel, wir essen unsere mitgebrachten Bemmen. Und Pflaumen.Einen letzten Tagesordnungspunkt absolvieren wir jetzt noch, liegt er doch mehr oder weniger auf dem Weg zurück zum Campingplatz: Die drei Brüder. Dabei handelt es sich um drei nebeneinander stehende Häuser aus drei verschiedenen Jahrhunderten, erbaut alle von der gleichen Familie.Gut. Es wird Zeit zum Campingplatz zurückzukehren. Riga lassen wir zurück, wie es uns begrüßt hat.

(swg)

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