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Tatsächlich hat mir den Demoaufruf für heute mein Bruder geschickt, nachdem er ihn von meiner Mutter bekam. Andernfalls wäre der an mir vorbei gegangen.Mal abgesehen von den Schweinereien, die Correctiv dokumentiert hat, war mein Hauptgrund fürs Hingehen eher eine anderer. Eigentlich mache ich mir Sorgen, dass es in Dresden zu einer eher mickrigen Veranstaltung wird. Das wäre mir wahnsinnig peinlich und wenn es wirklich so wird, will ich auf keinen Fall mit Ursache dessen sein.

Ein bisschen spät sind wir dran. Mittagessen und Mika, dazu ist Alina sich nicht sicher, ob sie wirklich mit will. Fahrrad-Demo ist ja das Eine. Aber einfach nur rumstehen der Anwesenheit willen? Am Ende brechen wir doch alle zusammen auf.

Die Straßenbahnen Richtung Innenstadt sind gut gefüllt für einen Sonntag und immer mehr steigen zu. Sehr viele steigen dann am Postplatz aus und gehen alle in die gleiche Richtung, zum Schlossplatz. Meine Sorge erweist sich als unbegründet. Kurz nach 14:00 Uhr ist es proppevoll. Es gibt gar keine Chance überhaupt bis auf den Schlossplatz zu kommen. Und es strömen immer noch Menschen her. Offenbar steht auch die ganze Augustus-Brücke voller Menschen, wie auch die Brühl’sche Terrasse. Von der Bühne sehen oder hören wir nichts.

Irgendwann soll sich die Demo in Bewegung setzen. Der Liveticker verrät, dass hinter den Kulissen die Route neu verhandelt werden muss: Es sind zu viele da, viel mehr als gedacht. Nicht nur die schiere Masse an Menschen ist beeindruckend, es sind quer durch die Bevölkerung alle vertreten, von ganz jung bis ganz alt. Studenten, Familien mit Kindern, Rentner, alle sind dabei, friedlich, fröhlich, teils »sauer auf die Nazischeiße, dass sie sogar ein Schild gebastelt haben«.

Man scheint sich geeinigt zu haben, man läuft los. Wir warten ein bisschen, dass es sich etwas lichtet und gehen dann mit.Über Postplatz, Wilsdruffer und Carolabrücke geht’s zum Goldenen Reiter.Die Abschlusskundgebung lassen wir aus, Mika hat keinen Bock mehr. Als wir direkt weiter über die Augustusbrücke zum Postplatz gehen, sind auf der Carolabrücke immer noch Menschen. Wir waren ca. in der Hälfte, vielleicht etwas weiter vorn. Am Goldenen Reiter reicht der Platz schon jetzt kaum aus und die Carolabrücke ist noch immer komplett mit der Demo gefüllt. So viele Menschen! Ich weiß nicht, wann Dresden zuletzt so eine große Demo erlebt hat.

Es war eine gute Veranstaltung, es kursieren Zahlen von 20.000 (DNN) über 30.000 (SäZ) bis 50.000 (Zeit). Das ZDF spricht von 25.0000 Teilnehmern. Mich beruhigt es etwas, das aus der sonst so stillen Mehrheit eine geworden ist, die sich zeigt. Hoffen wir, dass sich das in den nächsten Wahlen spiegelt.

(swg)

In Dresden bin ich sehr zwiegespalten, was das Fahrradfahren angeht. Einerseits sehe ich enorme Verbesserungen am Verkehrswegenetz. Schmidt-Lamontaine geht schon mal mit der Axt an Parkplätze, wenn sie dem Radverkehr im Weg sind. Spätestens bei einem grässlichen Vorfall nimmt er das zum Anlass. Gut so.

So ein bisschen ein Lob für Dresdner Autofahrer muss ich mir auch abringen. Inzwischen fühle ich mich als Radfahrer auf der Straße weitestgehend akzeptiert. Man hat begriffen, dass es kein Recht auf Höchstgeschwindigkeit gibt. Kein Platz? Kein Überholen. Klar wird immer noch zu knapp überholt, an die 1,50 m hält sich keine Sau. Aber wenigstens kann man dem Vorbeifahrenden nicht mehr aufs Dach klopfen. Beim Abbiegen über Radwege ist der gemeine Dresdner Autofahrer doch recht achtsam.

Das heißt aber nicht, dass es nicht vorne wie hinten an allem möglichen krankt. Schlechte Radwege gibt es genug, sinnlose Radwegführungen dazu – man endet einfach mal und dann darf man warten, dass eine Lücke im Autoverkehr ist. Kinder mit dem Fahrrad in die Schule fahren zu lassen, scheitert meist an der schlechten baulichen Situation an Kreuzungen. Zu schlecht einsehbare Wege bei zu komplizierter Verkehrsregelung, schnell ist ein Kind übersehen.

Nun war der Bundesweite Aktionstag Kidical Mass. In Dresden war unter anderem vom ADFC für den heutigen Sonntag Nachmittag zur Demo aufgerufen. Bei so einem schönen Wetter kann man doch mal eine kleine Fahrradtour mit seinen Kindern unternehmen. Davor gilt es die Plakate zu malen.Plakate malen für die Kidical Mass DemoPlakate malen für die Kidical Mass DemoAlina hat sich ihr Motiv selber ausgedacht: „Guck mal, ich mach aus meiner Meinung ein Bild.“.

So verdient sich mein Lastenanhänger weitere Meriten als rollender Plakathalter.Kidical Mass Demo 09/2020 auf dem Neumarkt DresdenEs sind schon eine ganze Menge Leute da. Es wird ordentlich geklingelt, Aufkleber werden verteilt, den Redner versteht man kaum. Aber wir warten ja auch nur auf den Start.Kidical Mass Demo 09/2020 auf dem Neumarkt DresdenDas spektakuläre an der Runde ist für die Kinder die Durchfahrt durch den Tunnel Wiener Platz.Kidical Mass Demo Wiener Tunnel DurchfahrtHach, waren das noch Zeiten als wir auf Skates zum Nachtskaten da durch sind…

Die Demo-Runde endet am Spielplatz an der Wallstraße. Zum Rumtoben bleiben wir nicht, zu viele Menschen auf einem Haufen – es ist immer noch Corona. Wir biegen zu einem Eis ab, dann geht’s zum Münchner Platz, der Spielplatz taugt auch was.

Insgesamt ein netter Nachmittag in einem riesigen Haufen Fahrradbegeisterter – könnte ruhig öfter sein. Vielleicht bewegt sich in Dresden noch ein bisschen mehr für die Radfahrer.

(swg)

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