EselwandernItalien 2022
Uns steht die nächste Etappe der Wanderung bevor, und die wird nicht leichter als die erste. Von Fontecchio geht es immer den Berg hinauf, auf der anderen Seite hinunter und dann geradewegs nach Caporciano. Dort wartet üppiges Abendessen und das kitschigste Aggriturissmo der Abruzzen auf uns.
Der Morgen ist mindestens so wolkenverhangen, wie der gestrige.Zusammengepackt haben wir schon gestern, sodass wir direkt nach dem Frühstück in die Spur kommen. Das bedeutet zu allererst die Esel zu putzen. Glücklicher Weise hat es gestern Abend noch aufgehört zu regnen, sodass die beiden Graufelle wenigstens trocken sind. In ihre Äpfel haben sie sich trotzdem gelegt, so ein Spaß… Aber auch das Putzen und Hufe säubern ist bald erledigt und wir bringen Rosa und Ambra rauf zur Ferienwohnung. Aufsatteln, Gepäck aufladen und – ganz neu – die Esel-Cam anbringen.
Fontecchio Richtung Berg zu verlassen ist gar nicht so einfach, den Weg haben wir schon gestern erkundet. Zwar ist das Dorf nicht groß, aber in den schmalen Gassen im vielen Auf und Ab verläuft man sich schnell. Heute kommt eine Herausforderung dazu: In Fontecchio werden noch immer erdbebengeschädigte Häuser saniert. Bauarbeiter haben einen Betonmischer und einen Container auf der Gasse platziert.
Wir versuchen es erstmal bei abgeschaltetem Betonmischer. Rosa ist es aber trotzdem nicht geheuer. Nach langem aber erfolglosen Überreden nehmen wir das Angebot der Bauarbeiter an, den Container kurz mit dem Kran wegzuheben.Dankend äpfeln unsere Esel in die Gasse. Wir sollen’s liegen lassen, sie machen’s später mit weg, bedeuten uns die Bauarbeiter lachend – vielen Dank!
Weiter oben im Dorf, außerhalb der „Altstadt“, sind die Straßen breiter. Die Wolken bleiben bei uns.Unsere braven Esel ficht das nicht an, brav trotten sie die Straße bergan.Ein bisschen Schade ist es schon, denn eigentlich ergeben sich immer mal wieder sehr schöne Ausblicke übers Aterno-Tal. Aber so durch die Wolken zu wandern hat auch seinen Reiz. Irgendwann dürfen wir von der Straße abbiegen, unser Weg verläuft nun über einen der alten Maultierpfade. Das sind die ganz alten Transportwege aus vor der Zeit der Motorisierung.Welch imense Kraftanstrengung die Befestigung der Wege damals gewesen sein muss!Urwaldgleich ist alles links und rechts des Weges zugewachsen. Bestimmt kann man hier auf Trolle und Elfen treffen, wenn man nicht aufpasst!Der Nebel leuchtet inzwischen diffus und gleißend hell, dass man kaum noch nach oben gucken kann. Weit kann es also nicht mehr sein, bis wir die Wolkendecke durchstoßen.Ganz plötzlich liegen die Wolken weit hinter uns, wir haben den Moment verpasst – oder die Wolken sind uns entgegen gekommen.Der Pfad führt weiter immer bergauf durch urigen, nassen Wald.Von unserer Wanderung vor 11 Jahren haben wir noch eine große Brunnentränke in Erinnerung, dort machen wir Rast. Es ist eh fast Mittag und abgesehen von einer kurzen Fresspause ohne das Gepäck abzunehmen, hatten die Esel noch keine.
An der Langleine und ohne Gepäck können die Esel wieder in Ruhe grasen.Wir widmen uns unseren Lunchpaketen, Bergluft macht hungrig. Es ist aber auch schon 14:00 Uhr – unser Aufbruch aus Fontecchhio um zehn trägt da sicher bei. Jetzt im Frühjahr ist das kein großes Problem, im Sommer würde jetzt die Sonne gnadenlos vom Himmel brennen und die Wanderung zum Gewaltmarsch machen – wenn denn die Esel überhaupt noch mitspielen.Es hat sich in 11 Jahren tatsächlich nichts verändert, hier oben. Nur das jetzt im Frühling es zaghaft blüht.Nach einer knappen Stunde setzen wir unseren Weg fort. Noch geht es etwas durch den urigen Wald, aber die Bäume werden merklich kleiner. Dann wachsen sie nur noch spärlich und geben einen herrlichen Blick auf die Berge ringsum frei.Rosa macht wieder recht oft Schnaufpausen, für sie scheint der Weg schon recht steil und anstrengend zu sein. Wenn sie wieder Luft hat, geht sie brav weiter. So schafft es Jannika voraus – sie hat nämlich ein Projekt: alle Blumen auf unserer Wanderung fotografieren.Wir stoßen auf eine Ebene, der Blick zurück begeistert immer noch. Erstaunlich, was man über die Jahre so vergisst, ich kann mich kein bisschen an die Stelle erinnern, noch das der Weg so lang war.Die Esel dürfen ein bisschen Gras knabbern, wir gönnen uns ein paar Gummibärchen.
Kurz darauf kommen wir zu einer Wiese, an die ich mich noch sehr gut erinnern kann. Nur dass wir diesmal den alten Maultierpfad benutzen können. War das wirklich so weit?!Eingutes Stück meandert der Weg am Berg entlang, immer ein bisschen rauf und runter. Der urige Wald, moos- und flechtenbewachsen, zwitschert von Vögeln. Alles scheint lebendig, Frühling, wie’s scheint.Wie das so ist beim Wandern in den Bergen: Was man rauf geht, muss man wieder runter. Der Weg wird so steil, das wir unsere Esel bremsen müssen. Da hinten sieht man Bominaco.Die Zeit fliegt geradezu, es ist schon nach vier – und man lasse sich nicht täuschen, aber Caporciano liegt noch ein gutes Stück weit hinter Bominaco. Außerdem brauchen die Esel und wir noch mindestens eine richtige Rast.
Eine halbe Stunde später haben wir einen Platz für eine Pause entdeckt – und kaum ist das Gepäck runter, weiß Ambra auch gleich, was zu tun ist.Wir plündern derweil unsere Lunchpakete und Keksvorräte.Oha, wir kriegen Besuch.Bei genauerem Blick wimmelt es hier überall von Ameisen. Glücklicher Weise haben wir uns nicht auf eine Ameisenstraße gesetzt und bleiben relativ unbehelligt.
Ehe wir wieder aufbrechen bekommen die Esel ihre Fellpflege und Ambra ein paar sehr ausgiebige Streicheleinheiten. Wirklich hungrig scheinen die Esel nicht, jedenfalls grasen sie kaum.So weit war es gar nicht mehr den Berg hinunter dann stehen wir unterhalb von Bominaco.Oben auf dem Berg tront die alte Burg, allerdings nur als Ruine. Dieses mal werden wir wohl keine Zeit haben, ihr einen Besuch abzustatten.Der Weg führt nun nur noch über die Straße nach Caporciano. Dort über den Spielplatz – der nur kurz interessant ist.Das Gepäck lassen wir erstmal vorm Agritourismo fallen und bringen die Esel „ins Bettchen“. Diesmal haben sie eine kleine Wiese zur Verfügung. Insbesondere Ambra hat keinen Bock mehr heute Abend; Sie ist etwas empfindlich auf ihrem einen Huf und den lässt sie sich jetzt gar nicht auskratzen. Esel sind etwas beweglicher als Pferde und können einen mit dem Hinterhuf treten, während man den vorderen auskratzt. Gut, soll sie ihre Ruhe haben – bei der letzten Pause hatte ich ihr den Huf ja schon mal von Steinchen befreit.
Uns zieht es unter die Dusche – auch wenn der Tag nicht heiß war, lang und anstrengend war er schon, es ist schon um sieben.
(swg)