Das jüdische Viertel Prags liegt quasi vor unserer Haustür. Wir stiefeln erstmal hinunter zur Moldau, einen Cache einsammeln. Was auf der Karte wie eine Promenade aussah entpuppt sich als laute, vierspurige Straße. Bis hinters Ministerium für Industrie und Handel folgen wir ihr trotzdem und biegen dann wieder in die Stadt ab. Wir besuchen Prags kleinstes Haus.Diversen Caches folgend laufen wir zur spanischen Synagoge. Dort schreckt uns der Preis etwas ab: kleinstes Angebot sind 5 Synagogen und der Alte Friedhof für 300 Kč plus 40 Kč Fotopermission. Alina ist es eh grad ungemütlich und sie schreit. Eine halbe Runde um die Synagoge und etwas Huscheln bringen sie wieder zum Schlafen. Wir stromern erstmal weiter durch Josefov und sind von den herrlichen Häusern beeindruckt.Richtig zufriedenstellend ist das so aber trotzdem nicht. Wir zahlen doch die 12,-€ pP. für fünf Synagogen (mit ihren Dauerausstellungen) und den Jüdischen Friedhof, plus 1,60€ für die Photoerlaubnis. Das Angebot ist eigentlich recht fair, immerhin ist so ein Ticket sieben Tage gültig.
Wir beginnen in der Pinkas-Synagoge. An den Wänden stehen die Namen der ermordeten Juden Böhmen und Mährens. Alle Wände sind voll. Über 90.000 Juden wurden von den deutschen deportiert, nur ca. 10.000 kamen nach dem Krieg zurück. Gruselig-grauenvoll.
Wir gehen über den alten Friedhof.Seinen morbiden Charm hat er aus einem eher ernsten Grund: die Juden durften ihre Toten nur hier zu Grabe legen.Dicht an dicht drängen sich die Grabsteine: 12.000 insgesamt!Wahrscheinlich liegen hier aber noch mehr Menschen begraben, als auf den Steinen verzeichnet sind: ca. 100.000 sollen es sein.
Alles sehen wir uns trotzdem nicht an. Die Zeremonienhalle der Klausen-Synagoge z.B. nicht – wir wollen uns nicht schon wieder in allen Einzelheiten vom Holocaust erzählen lassen, Danke ZDF, danke Guido Knopp…Die Ausstellung über jüdische Festtage und Traditionen in der Klausen-Synagoge ist ganz interessant. Ich wusste z.B. nicht, dass der neue Tag quasi nach Sonnenuntergang beginnt.
Zeit, uns ein Plätzchen zum Stillen zu suchen. Ein Café ist schnell gefunden, Restaurace u Stare Synagogy.Es ist nicht viel los und es wird auch nicht geraucht. Verwöhnt von Deutschland muss man in Prag doch immer erstmal die Nase ins angestrebte Etablissment halten: hier darf noch drinnen geraucht werden. Nichtraucher-Räume gibt es nur an den touristengefluteten Hauptplätzen. Während wir im Restaurant sitzen stürmen tatsächlich ein paar Amerikaner herein und fragen nach dem Nichtraucherteil. Abschlägig beschieden machen sie auf dem Absatz kehrt und wirbeln wieder hinaus. So schlimm war’s nun auch nicht. Nachmittags lungert allenfalls ein Restwölkchen vom Vorabend in einer Ecke.
Für die Maisel-Synagoge kommen wir zu spät.16:00 wird geschlossen. Na gut, dann ein anderes Mal.
Heute machen wir uns etwas eher auf den Rückweg. Wir gehen heute noch essen. Alina wird dazu bettfertig gemacht und in den Kinderwagen gepackt – einzige Gelegenheit, das Teil überhaupt zu benutzen.
Im Prinzip wissen wir, in welches Restaurant wir wollen. Da Alina dort aber schlafen soll, müssen wir noch ein wenig durch die abendlichen Straßen holpern. Unterwegs werden wir anderswo nicht fündig. Entweder ist es voll oder verraucht oder sieht wenig einladend aus oder ist ein Italiener (was in Prag jetzt wirklich nicht sein muss)… Und Alina schläft nicht. Also doch der Plan wie zu Beginn. Auf den letzten Metern zum Altstadt-Platz fallen ihr dann endlich die Augen zu und wir können ins Staroměstské Restaurace.
Es ist viel größer, als es von außen aussieht. Eine Touristenkneipe, aber wir sind weit weg von der Saison, es ist ziemlich leer und nicht so laut und Platz für den Kinderwagen findet sich auch – Alina schläft friedlich weiter. Übers Essen kann man nicht meckern, meine Knödel und die viertel Ente sind großartig, Marias Schweinebraten auch. Gegen halb zehn müssen wir los, Alina ist aufgewacht.
(Maria, swg)