Prag ist eine alte Stadt, was sicher viel ihrer Herrlichkeit ausmacht. So modern und großzügig sie aber in alten Zeiten angelegt war, nach heutigen Maßstäben sind auch diese Straßen eng. Allzu häufig wird der wenige, vorhandene Platz dem Autoverkehr oder Parkplätzen geopfert, gleiches widerfährt den Innenhöfen. Alles ist zugepflastert, damit man Blech abstellen kann. Gegengesteuert wird diesem Problem durchaus. Es gibt ein vorbildliches Straßenbahn- und U-Bahn-Netz. Busse sieht man in der Innenstadt zum Glück eher selten. Wenn man es, wie wir, gewohnt ist, sich in der Stadt ohne Auto fortzubewegen, freundet man sich mit Prag sofort an. Nichts desto trotz macht der Verkehr Prag laut. Das andere Laut rührt aus unzähligen Clubs der Innenstadt. Wir hatten das „Glück“ direkt neben zweien zu wohnen, sodass wir hier sicher ein Extrem des laut ausschweifenden Prags genießen durften. Wer ein überreiches Nachtleben zu schätzen weiß, wird hier in jedem Falle fündig.
Prag lässt leider wenig Raum für Erholung und Entspannung, und das ist sehr schade. Man findet solche Ruhe-Inseln – und das muss man wortwörtlich nehmen, denn es sind die Inseln in der Moldau. Die Plätze mit parkartiger Gestaltung in der Innenstadt möchte ich lieber nicht mitrechnen. Rundherum und teils quer hindurch rollt der Verkehr unablässig – viele gepflasterte Straßen tun ihr Übriges zum Lärmpegel. Dazu jagen ständig Autos mit heulenden Sirenen durch die Stadt, was einen selbst auf den Moldauinseln zwischen den tosenden Staustufen noch erreicht. Wer wirkliche Ruhe sucht kann sie nur außerhalb Prags Innenstadt finden. Eine halbe Stunde Straßenbahnfahrt Richtung Flughafen findet man ein Naherholungsgebiet: Divoká Šárka. Im Prinzip ein Naturschutzgebiet vergleichbar mit der Dresdner Heide. Hier verebbt der Lärm Prags nach wenigen Schritten.
Gleichzeitig ist Prag wunderschön. Alte Bürgerhäuser, gepflasterte Gassen, und vielerorts stehen die Zeugen der langen bewegten Geschichte Prags. Dazu kommt eine immer hoch gehaltene Sauberkeit. Wirkliche Dreck- und Schmuddelecken habe ich in der Stadt nicht wahrgenommen. Und es gibt eine bei uns selten gewordene Einrichtung: öffentliche Mülleimer. Trotzdem stinkt die Stadt, vor allem nach Abgasen. Das Wetter hat es in der Woche aber auch nicht gut gemeint, kein frisches Lüftchen hat geweht, Prag blieb in seinem eigenen Dunst sitzen.
Apropos Dunst: Zu Hause sind wir passionierte Leitungswassertrinker. Im Vorfeld unseres Urlaubs haben wir deswegen geguckt, wie das in Prag so ist, schon weil ich zu faul wäre, Wasserflaschen herumzutragen. Viel Eigenlob über eingehaltene Europavorschriften und bedenkenlose Trinkbarkeit haben wir gefunden. Machen wirs kurz, dreht man den Hahn auf, riecht’s nach Schwimmbad, Chlor massiv! Eigentlich taugt das so nicht mal zum Tee oder Kaffee kochen. Selbst die Kinder beschweren sich beim Duschen… Ihr kommt nicht um Flaschenwasser herum.
Was die Freundlichkeit der Menschen anbelangt, kann man sehr unterschiedliche Erfahrungen machen. Zuvorkommend sind die Prager in jedem Fall, was ich gern an dem Beispiel in der Straßenbahn fest mache: Es wird für alte Leute und vor allem für Kinder aufgestanden – für letztere von jeder Altersgruppe. Andererseits kann es einem passieren, dass man von der Bedienung hinter der Theke eher angeraunzt, denn freundlich nach seinen Wünschen gefragt wird – so geschehen im Zoo. Natürlich gibt es dazu auch unzählige Gegenbeispiele direkter offener Freundlichkeit.
Prag ist schön, aber es ist keine Stadt, in der ich leben möchte. Hier ist es mir zu eng und zu laut. Aber besuchen komme ich Prag sicher wieder, es ist einfach schön.
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(swg)